Diversifikation

Warum Schwellenländeranleihen und Aktien ein Traumpaar sind

Von Markus Neumann

Schwellenländeranleihen und Aktien - ein tolles Paar, wie diese beiden chinesischen Rentner.

In voller Blüte: Chinesische Rentner in Anfu.

Schwellenländeranleihen locken mit hohen Zinsen. Doch als Ersatz für sichere europäische Staatsanleihen sind sie viel zu riskant. Stattdessen machen Emerging-Markets-Bonds im Portfolio eine gute Figur, wenn Anleger sie dem Aktienanteil beimischen.

Aktien von Unternehmen aus Schwellenländern sind mittlerweile ein fester Bestandteil in international diversifizierten Anlageportfolios. Der MSCI Emerging Markets Index, der die Aktienmarktentwicklung von 24 aufstrebenden Staaten wie Brasilien, China und Russland abbildet, wird von vielen Anlegern als Stimmungsbarometer beobachtet. Vom J.P. Morgan Emerging Markets Bond Index (EMBI) haben dagegen die wenigsten Investoren schon etwas gehört. Er enthält überwiegen Staatsanleihen von Schwellenländern sowie einen kleinen Anteil Anleihen von staatlich kontrollierten Unternehmen – ein Segment, mit dem sich viele Anleger noch nicht befasst haben.

Denn der globale Markt für Schwellenländeranleihen ist klein. Zwar ist er in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark gewachsen. Doch das ausstehende Anleihevolumen betrug Ende 2017 gerade einmal gut 3 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Allein der Nennwert aller umlaufenden Anleihen deutscher Emittenten summierte sich laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Anfang 2018 auf rund 3,8 Billionen US-Dollar. Alle Industrieländer zusammengenommen haben sich über die Ausgabe von Anleihen Kredite in Höhe von 86 Billionen US-Dollar verschafft (Stand: 1. Quartal 2018).

Demnach beträgt der globale Marktanteil von Schwellenländeranleihen nur etwas mehr als 3 Prozent. Zwei Drittel davon entfallen auf die zehn größten Emittenten, darunter Brasilien, Mexiko, Indonesien, Russland und Südafrika. Insgesamt gaben bis Ende 2017 rund 2300 Emittenten aus 90 Schwellenländern Anleihen heraus.

Anleger bevorzugen Schwellenländeranleihen in US-Dollar

Mehr als 60 Prozent der Ende 2017 ausstehenden Emerging-Markets-Bonds wurden in sogenannten Hartwährungen herausgegeben, vor allem in US-Dollar, aber auch in Euro und Yen, weil viele internationale Investoren den lokalen Schwellenländerwährungen nicht über den Weg trauen. Beispielsweise bleiben US-Anleger von Wechselkursschwankungen verschont, wenn sie in US-Dollar-Anleihen aus Schwellenländern investieren. Für einen Wertverfall der lokalen Währung muss der jeweilige Emittent gerade stehen.

Das ist bei Schwellenländeranleihen, die in Landeswährungen herausgegeben wurden, anders. In diesem Segment müssen ausländische Anleger grundsätzlich ein Währungsrisiko tragen. Für Investoren aus dem Euroraum gilt das auch bei Anleihen in US-Dollar.

Das muss aber nicht unbedingt ein Nachteil sein. US-Dollar-Anleihen aus Schwellenländern haben in Euro gerechnet von Mitte Februar 2008 bis Mitte Oktober 2018 eine um jährlich 2,2 Prozentpunkte höhere Rendite gebracht, weil die amerikanische Währung gegenüber dem Euro an Wert gewann. Auf US-Dollar-Basis betrug die Gesamtrendite im Schnitt 5,56 Prozent jährlich. Euro-Anleger verdienten im Schnitt 7,75 Prozent pro Jahr.

Schwellenländeranleihen in US-Dollar und auf Eurobasis im Vergleich: In den vergangenen Jahren verbuchten Anleger aus dem Euroraum Wechselkursgewinne

Quellen: iShares, Bundesbank, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

In den Jahren vor 2008 hatten Anleger aus dem Euroraum allerdings das Nachsehen. In dieser Zeit verlor der US-Dollar gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung an Wert. Seit der Euro-Einführung Anfang 1999 bis Mitte Oktober 2018 erzielten Anleger aus dem Euroraum weder Wechselkursgewinne noch -verluste. Der Euro-US-Dollar-Kurs notierte am Ende dieser Periode nahezu auf demselben Stand wie vor 20 Jahren.

Wechselkursschwankungen erhöhen das Risiko für Anleger aus der Eurozone

Die Kursschwankungen in diesem Zeitraum waren jedoch erheblich. Aus der Perspektive von Anlegern aus dem Euroraum trugen sie wesentlich zur Volatilität von Schwellenländeranleihen bei.  In US-Dollar betrug sie zwischen Mitte Februar 2008 und Mitte Oktober 2018 knapp 7 Prozent im Jahr. Auf Eurobasis erreichten die durchschnittlichen Kursschwankungen um den Mittelwert rund 10,8 Prozent – gut 50 Prozent mehr.

Die Volatilität des Euro-US-Dollar-Wechselkurses lag im selben Zeitraum bei 10 Prozent. Dass sich diese Unstetigkeit nicht noch stärker auf die Schwankungsbreite der Schwellenländeranleihen auswirkte, ist auf die tendenziell negative Korrelation zwischen dem US-Dollar und Emerging-Markets-Bonds zurückzuführen. Der negative Zusammenhang sorgt für große Diversifikationseffekte.

Gut zu sehen war das auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 als die amerikanische Investmentbank Lehman Brother pleiteging. Nicht nur die Aktienkurse stürzten damals weltweit ab. Auch Schwellenländeranleihen brachen heftig ein. Auf  US-Dollarbasis verloren sie innerhalb von wenigen Wochen gut 30 Prozent. Anleger aus dem Euroraum machten dagegen Verluste von knapp 23 Prozent, weil der Kurs des US-Dollar gegenüber dem Euro anstieg.

Wieviel Rendite bringen Schwellenländeranleihen?

Staatsanleihen von aufstrebenden Ländern bieten in der Regel höhere Renditen als Anleihen von reifen Industriestaaten wie den USA und Deutschland, die als sicher gelten. Der durchschnittliche Renditeaufschlag für Schwellenländeranleihen in US-Dollar betrug von 2008 bis Ende 2018 rund 3,6 Prozentpunkte pro Jahr, errechnete der Vermögensverwalter J.P. Morgan Asset Management.

Im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen, deren Rendite weit unter der von amerikanischen Staatstiteln lag, war der Aufschlag Ende Oktober 2018 noch höher: Die Effektivverzinsung eines börsengehandelten Indexfonds, kurz ETF genannt, der 416 Schwellenländeranleihen in US-Dollar aus mehr als 32 Ländern enthält, betrug jährlich gut 6 Prozent bei einer durchschnittlichen Restlaufzeit von 11,85 Jahren. Deutsche Staatsanleihen mit Fälligkeit Anfang 2030 boten dagegen nur eine Rendite von 0,38 Prozent pro Jahr.

Auch zwischen einzelnen Schwellenländern sind die Renditeunterschiede zum Teil beträchtlich. Während osteuropäische Staaten wie Serbien, Polen und Litauen für Schuldverschreibungen mit zwei Jahren Restlaufzeit nur rund 3 Prozent Zinsen bezahlen, müssen etwa der Libanon (11,23 Prozent) und Argentinien (9,65 Prozent) viel tiefer in die Tasche greifen.

Die folgende Tabelle zeigt die Renditen und andere Kennzahlen für mehr als 400 Schwellenländeranleihen, die in US-Dollar herausgegeben wurden. Sie können die Datenbank nach Ländernamen durchsuchen. Wenn Sie auf den Kopf einer Spalte klicken, wird die Tabelle nach dieser Kennzahl wahlweise auf- oder absteigend geordnet.

In US-Dollar emittierte Schwellenländeranleihen bieten hohe Verzinsungen im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen

Quelle: iShares, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

Die höhere Verzinsung von Schwellenländeranleihen hat natürlich einen Grund: Ihr Risiko ist höher als etwa das von Bundeswertpapieren, deren Rückzahlung als sicher betrachtet werden kann und deren Kurse nur wenig schwanken (siehe Tabellen unten). Im Vergleich zu den wirtschaftlich starken Industrieländern gelten viele Emerging Markets bei internationalen Investoren als fragil. Ihnen mangelt es zum Teil an stabilen demokratischen Strukturen und Rechtssicherheit.

Auch die großen Ratingagenturen betrachten es als weniger sicher, dass Schwellenländer mittel- und langfristig in der Lage sind, Zins und Tilgung zu bezahlen. Die Bonitätsnoten, mit der sie die Kreditwürdigkeit von Staaten beurteilen, fallen für Schwellenländer deutlich schlechter aus als etwa für Deutschland, dem die Prüfer die bestmögliche Bonität bescheinigen.

Obwohl es in der Vergangenheit immer wieder zu Zahlungsschwierigkeiten oder -ausfällen in einzelnen Ländern kam, etwa in Argentinien, ist es insgesamt um die Kreditwürdigkeit der Emerging Markets besser bestellt als viele Anleger meinen. 58 Prozent der Hartwährungsanleihen bewerten die Ratingagenturen mit einem Investment-Grade-Rating. 37 Prozent sind sogenannte High-Yield-Bonds, die Medien gerne auch als „Ramsch“ bezeichnen. Die restlichen 5 Prozent verfügen über kein Rating.

Schwellenländeranleihen im Vergleich mit anderen Anlageklasse

Die „Ramschpapiere“ von Schwellenländern haben wesentlich zu den hohen Renditen beigetragen, die Anleger in der Vergangenheit mit ETF auf US-Dollar-Anleihen aus Schwellenländern erzielt haben. Von März 2008 bis Ende September 2018 betrug die Rendite auf Eurobasis 8,24 Prozent. Das ist etwas mehr als Aktien aus Industrieländern eingebracht haben werden, denn die unten in der Tabelle aufgeführte Rendite berücksichtigt keine Fondskosten, die bei ETF auf den MSCI World etwa 0,4 Prozent pro Jahr betragen. Neben dem höheren Ertrag boten Schwellenländeranleihen gleichzeitig mehr Sicherheit als Industrieländeraktien. Die Zinspapiere waren weniger schwankungsanfällig.

Staatsanleihen von aufstrebenden Staaten erzielten in den vergangenen Jahren ähnlich hohe Erträge wie Aktien aus Industrieländern

*nach Fondskosten, **vor Fondskosten.

Quellen: iShares, Bundesbank, MSCI, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

Die Fondsgesellschaft Vanguard, die Renditen und Risiko für verschiedene Anlageklassen von Anfang 2002 bis Ende 2017 berechnete, kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Danach waren in US-Dollar emittierte Schwellenländeranleihen die Anlageklasse mit der höchsten durchschnittlichen Rendite pro Jahr verglichen mit verschiedenen Aktien- und Anleihenkategorien. In Relation zum eingegangenen Risiko, gemessen an der Volatilität, belegten Emerging-Markets-Bonds den zweiten Platz hinter US-Anleihen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Eigenschaften von Staatsanleihen von aufstrebenden Ländern mehr denen von Aktien als denen von Industrieländer-Staatsanleihen ähneln.

Anleger brauchen Ausdauer und Gelassenheit, wenn sie in diese Anlageklasse investieren. Kurseinbrüche von mehr als 10 Prozent sind – ähnlich wie bei Aktien – keine Seltenheit. In den vergangenen zehneinhalb Jahren gingen die Kurse von US-Dollar-Schwellenländeranleihen sechs Mal deutlich zurück (siehe Tabelle). Mehr als zwei Drittel der Zeit notierte ein ETF auf den J.P. Morgan Emerging Markets Bond Index Global Core unter einem zuvor erreichten Höchststand. Während in 35 Prozent der Periode die Kurse fielen, benötigte der ETF 32 Prozent der Zeit, um Verluste wieder aufzuholen. Nur in knapp einem Drittel der Anlagedauer erreichten die Kurse immer wieder neue Hochs, bevor der nächste Abschwung einsetzte.

Diese Daten machen deutlich, dass Schwellenländeranleihen eine langfristige Anlage sind wie Aktien. Wer kurzfristig agiert und zu schnell frustriert die Flinte ins Korn wirft, fährt Verluste ein.

In US-Dollar emittierte Emerging-Markets-Bonds: Zweitweise Verluste von mehr als 10 Prozent waren für Anleger aus dem Eurraum keine Seltenheit

Quelle: iShares, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

Was die Renditen von Schwellenländerbonds bewegt

Der Gesamtertrag von Schwellenländerbonds setzt sich zusammen aus dem Zinskupon, Wechselkursgewinnen oder -verlusten und Kursgewinnen oder -verlusten. Während kurzfristig Wechselkursschwankungen die Wertentwicklung dominieren, geben langfristig die Zinskupons den Ausschlag. Letztere sind in der Regel fest vereinbart. Die Kupons werden von den Emittenten regelmäßig bezahlt, solange kein Land in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Die Zinszahlungen sind also weitgehend planbare Einnahmen.

Alles andere als voraussehbar sind dagegen die Kursentwicklung der Anleihen und die Wechselkursschwankungen. Beide werden von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Eine sehr wichtige Rolle für die Anleihekurse spielt das Rating (siehe oben). Wird die Kreditwürdigkeit eines Landes herabgestuft, fallen meistens die Anleihekurse – und umgekehrt.

Ein entscheidender Faktor ist auch die Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Fed, die das Zinsniveau im US-Dollarraum beeinflusst. Steigen die US-Zinsen, fallen meistens die Kurse für Schwellenländeranleihen – sowohl in US-Dollar als auch in lokalen Währungen. Internationale Investoren ziehen Kapital ab und legen es in US-Anleihen an. Auch lösen sie sogenannte Carry Trades auf, die riskanter und wegen der geringeren Zinsdifferenz weniger lukrativ werden. Das führt zu weiteren Kapitalabflüssen aus Schwellenländeranleihen – die Kurse fallen.

Investoren reagieren auch auf Veränderungen des politischen Umfeldes. Sinkt die Stabilität wie etwa in den vergangenen Jahren in Brasilien, wo die Verstrickung führender Politiker in Korruptionsskandale die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas erschütterte, sinken oft auch die Kurse der Anleihen. Investoren gehen davon aus, dass das Ausfallrisiko steigt, wenn ein Staat nicht mehr von einer soliden Regierung geführt wird.

Wichtige makroökonomische Kennzahlen, die von Anleger mit Argusaugen beobachtet werden, sind zudem die Schuldenquoten der Schwellenländer sowie ihre Leistungsbilanz. Steigende Schuldenquoten und zunehmend mehr Importe als Exporte, die das Leistungsbilanzdefizit vergrößern, kommen bei den Kreditgebern nicht gut an. Umgekehrt stützen sinkende Schulden und Leistungsbilanzüberschüsse die Kurse der Anleihen.

Mit Schwellenländeranleihen das Portfolio diversifizieren

Anleger sollten sich aber nicht zu sehr auf die Wertentwicklung der einzelnen Anlagen in ihren Portfolios konzentrieren. Worauf es ankommt, ist das Zusammenspiel der verschiedenen Depotbausteine und das Gesamtergebnis, das sie liefern. Auch auf diesem Feld spielten Schwellenländeranleihen in der Vergangenheit eine vorteilhafte Rolle. Richtig eingesetzt, senken sie in gemischten Anlageportfolios das Risiko und heben den Ertrag an.

Die amerikanische Fondsgesellschaft Vanguard hat berechnet, welche Auswirkungen es hat, wenn Investoren zu ihren Portfolios Schwellenländeranleihen hinzufügen. Zunächst haben die Analysten Portfolios untersucht, die nur aus Industrieländeranleihen bestehen, und Schritt für Schritt einen immer größeren Anteil Schwellenländeranleihen in US-Dollar hinzugefügt. Ergebnis: Zwar nahm die Portfoliorendite zu, doch gleichzeitig stieg die Volatilität noch stärker an. Die Folge: In Relation zum Risiko sank die Rendite umso weiter, je höher der Anteil von Schwellenländeranleihen im Portfolio war.

Das zeigt: Schwellenländeranleihen sind keine Alternative zu sicheren Bonds europäischer Staaten. Die hohe Verzinsung mag noch so verlockend sein – Anleger erhöhen ihr Risiko überproportional, falls sie Schwellenländeranleihen gegen Industrieländerbonds im Portfolio austauschen.

Emerging-Markets-Bonds und Aktien sind ein schlagkräftiges Duo

Ganz anders sieht die Sache aus, wenn Investoren Aktien durch Emerging-Markets-Bonds ersetzen. Bei dieser Analyse gingen die Vanguard-Experten von einem Portfolio aus, das zu 60 Prozent aus Aktien und zu 40 Prozent aus inländischen und internationalen Industrieländeranleihen besteht. Bei letzteren war das Währungsrisiko abgesichert. Der Aktienanteil besteht zu 60 Prozent aus amerikanischen Titeln. Die restlichen 40 Prozent verteilen sich auf die anderen liquiden Märkte, die im MSCI-World-Index vertreten sind.

Die Analysten ersetzten schrittweise Aktien durch Schwellenländeranleihen. Unabhängig davon, ob sie amerikanische oder globale Titel austauschten, – das Ergebnis war immer dasselbe: Mit einem zunehmendem Anteil von Schwellenländeranleihen stieg auch die relativ zum Risiko gemessene Rendite des Portfolios. Während die Rendite leicht anstieg, ging das Risiko stärker zurück.

Wie hoch der Anteil von Schwellenländeranleihen in einem Portfolio idealerweise sein sollte, hängt vom jeweiligen Risikoprofil des Anlegers ab und lässt sich erst im Nachhinein feststellen, weil die künftige Renditen und Kursschwankungen aller im Portfolio enthaltenden Anlageklassen unbekannt sind und nur wage geschätzt werden können. 10 bis 30 Prozent des Aktienanteils gegen Schwellenländeranleihen auszutauschen, sollte das Rendite-Risiko-Verhältnis eines gemischten Portfolios aber verbessern. Grundsätzlich plädieren wir aber für gleichgewichtete Portfolios, in denen jede Anlageklasse denselben Anteil hat.

Mögliche Portfolio-Gewichungen mit Schwellenländeranleihen in Prozent

Lokalwährungs- oder US-Dollar-Anleihen?

Wer Schwellenländerbonds in sein Portfolio aufnehmen will, muss sich zwischen Anleihen in US-Dollar oder in Lokalwährungen entscheiden oder in beide Segmente investieren. Im Vergleich zu US-Dollar-Anleihen haben sich Bonds in Lokalwährungen in den vergangenen Jahren lausig entwickelt. Ursache waren vor allem Wechselkursverluste. So hat sich beispielsweise der Wert des brasilianischen Real gegenüber dem Euro zwischen 2011 und 2018 halbiert. Ein Großteil der Währungen anderer aufstrebender Länder verlor ebenfalls erheblich an Wert.

In lokalen Währungen und in US-Dollar emittierte Schwellenländerbonds im Vergleich: Lokalwährungsanleihen litten unter hohen Währungsverlusten gegenüber dem Euro

Quellen: iShares, Bundesbank, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

Investoren neigen dazu, sich für die Anlagen zu entscheiden, die in der Vergangenheit die höheren Renditen abgeworfen haben. Die historische Wertentwicklung ist aber kein Indikator, von dem sich auf die Zukunft schließen lässt. Vielmehr ließe sich nach der langen Durststrecke argumentieren, dass lokale Schwellenländerwährungen inzwischen unterbewertet sind und demnächst möglicherweise ein Comeback feiern.

Ob es so kommt, weiß niemand. Nicht von der Hand zu weisen ist aber, dass es jenseits der historischen Renditen gute Gründe gibt, die für in US-Dollar herausgegebene Staatsanleihen aus den Emerging Markets (EM) sprechen: Gut diversifizierte Anleger haben meistens bereits einen ETF auf den Schwellenländeraktienindex MSCI Emerging Markets im Depot (oder einen entsprechenden aktiv gemanagten Fonds). Der Index bildet 24 Länderaktienmärkte in lokalen Währungen ab. Viele Investoren haben also schon Lokalwährungen im Depot.

Das vielleicht wichtigste Argument ist aber, dass US-Dollar-Anleihen ein Portfolio in der Vergangenheit besser diversifiziert haben, wie die Korrelationstabelle zeigt. Denn der Gleichlauf zwischen EM-Aktien und EM-Anleihen ist hoch wegen der Überschneidungen bei den lokalen Währungen und dürfte deshalb auch künftig hoch bleiben.

Die Korrelation von Schwellenländeranleihen in US-Dollar mit Aktien ist niedrig

Quellen: iShares, MSCI, Bundesbank, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

Lohnt eine Währungsabsicherung bei Schwellenländeranleihen?

Bleibt noch die Frage, ob bei US-Dollar-Anleihen das Währungsrisiko abgesichert werden sollte? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort, wie so oft an den Kapitalmärkten. Da kluge Anleger Schwellenländeranleihen dem riskanten Anteil ihres Portfolios zuschlagen, ist eine Wechselkursabsicherung weniger zwingend als bei Anlagen, die auf der Sicherheitsseite verbucht werden.

Gegen abgesicherte Anleihen sprechen ihre höhere Korrelation mit Schwellenländeraktien , die negative Korrelation zwischen der amerikanischen Währung und Schwellenländeranleihen in US-Dollar, die gerade in Krisen für Diversifikationseffekte sorgen kann (siehe oben), und die hohen Absicherungskosten (Stand: November 2018).

Was eine Absicherung des Euro-US-Dollar-Wechselkurses in den vergangenen Jahren kostete

Quellen: iShares, Bundesbank, Fairvalue-Berechnungen (Stand: Oktober 2018).

Insgesamt verschlang eine Wechselkursabsicherung zwischen Juli 2013 und Juli 2018 rund 8,6 Prozentpunkte der Rendite. Da die Zinsdifferenz weiter gestiegen ist, wird es künftig noch teurer. Die Kosten für eine Absicherung des Euro-US-Dollar-Wechselkurses betrugen Ende Oktober 2018 für die kommenden drei Monate  3,14 Prozent. Hinzu kommen möglicherweise noch Transaktionskosten und eine Gewinnmarge für den ETF-Anbieter. Insgesamt entspricht das mehr als der Hälfte der jährlich erwarteten Rendite des J.P. Morgan Emerging Markets Bonds Index (Stand: Ende Oktober 2018). Die Absicherungskosten ergeben sich aus der Differenz zwischen dem Geldmarktzins im Ausland und im Inland. Sind die Zinsen in den USA viel höher als in der Eurozone, ist die Absicherung des Wechselkurses, das sogenannte Hedging, besonders teuer.

Fairvalue-Empfehlung

Langfristig orientierte Anleger sind mit Schwellenländeranleihen in US-Dollar ohne Wechselkursabsicherung gut beraten. Ein über Länder und Laufzeiten diversifiziertes Portfolio dieser Wertpapiere senkt das Risiko im Gesamtdepot und hebt die Rendite an, wenn Aktien gegen Emerging-Markets-Bonds ausgetauscht werden.

Zwar können Anleger viele Schwellenländeranleihen an deutschen Börsen handeln. Doch der Nennwert beträgt oft 200.000 US-Dollar. Um ein gut gestreutes Portfolio zusammenzustellen, das vereinzelte Zahlungsausfälle problemlos wegstecken kann, wären also viele Millionen US-Dollar nötig – zu viel für die meisten Privatanleger. Für sie bieten sich Fonds an, in die sie schon mit Kleinbeträgen von beispielsweise 100 Euro investieren können.

Eine gute Wahl sind preiswerte börsengehandelte Indexfonds (ETF), mit denen aktive Fondsmanager oft nicht mithalten können. Den ersten ETF auf Schwellenländeranleihen hat der Anbieter iShares hierzulande Anfang 2008 auf den Markt gebracht. Es gibt den iShares J.P. Morgan $ EM Bond UCITS ETF als ausschüttende (ISIN: IE00B2NPKV68) und als thesaurierende (ISIN: IE00BYXYYK40) Variante.

Wer sich für Schwellenländerbonds entscheidet, sollte allerdings nicht davon ausgehen, dass sich die hohen Renditen der Vergangenheit auch in die Zukunft fortschreiben lassen. Staatsanleihen aus aufstrebenden Ländern profitierten in den zurückliegenden Jahren von sinkenden Zinsen rund um den Globus und starken Kapitalzuflüssen. Gleichzeitig sorgten an den Aktienmärkten ein großer Crash und diverse Kursabschwünge für eine gedämpfte Wertentwicklung dieser Anlageklasse. Insgesamt führte diese Gemengelage zu höheren Renditen von Schwellenländeranleihen bei gleichzeitig niedrigerem Risiko.

Die Anlageexperten der Fondsgesellschaft Vanguard halten diese historische Entwicklung zu Recht für eine Ausnahmeerscheinung.  Auf lange Sicht dürften Aktien wegen ihres höheren Risikos auch höhere Rendite abwerfen.

Der Autor


Markus Neumann ist Finanzjournalist, Herausgeber des Online-Anlegermagazins Fairvalue und Sachbuchautor. Zuletzt erschien von ihm „Das ETF-Portfolio – wie Sie ein fast unschlagbares Depot zusammenstellen und managen“. 2020 war er für den Deutschen Journalistenpreis in der Kategorie Vermögensverwaltung nominiert. Folgen Sie ihm auf Twitter.

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Hinweis:

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus dem Buch „Das ETF-Portfolio – wie Sie ein fast unschlagbares Depot zusammenstellen und managen“.

© Fairvalue, aktualisiert am 17.05.2021

Fotografie: Jaddy Liu / Unsplash

Quellen

Für die Analyse haben wir folgende Zeitreihen verwendet:
In US-Dollar emittierte Schwellenländeranleihen: iShares J.P. Morgan $ EM Bond UCITS ETF
In Lokalwährungen emittierte Schwellenländeranleihen: iShares J.P. Morgan EM Local Govt Bond UCITS ETF
In US-Dollar emittierte Schwellenländeranleihen mit Wechselkursabsicherung gegenüber dem Euro: iShares J.P. Morgan $ EM Bond EUR Hedged UCITS ETF (Dist)
Aktien Industrieländer: MSCI World TR Net
Aktien Schwellenländer: MSCI World TR Net
Deutsche Staatsanleihen: Rex Performance Index

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