Ein solides Portfolio aus verschiedenen börsengehandelten Indexfonds (ETF), das in der Vergangenheit hohe Renditen bei relativ niedrigen Risiken abgeworfen hat, ist schön und gut. Doch wie sieht die Zukunft aus? Mit welchen Renditen können Anleger rechnen? Bekanntlich ist die Zukunft unbekannt und die historische Wertentwicklung sagt nichts darüber aus, wie sich ein Portfolio beispielsweise in den nächsten zwei Jahrzehnten entwickeln wird.
Prognosen lösen dieses Problem nicht, wie erfahrene Anleger wissen. Zwar produziert ein Heer von Analysten und Börsenpropheten täglich eine Flut von Vorhersagen. Doch die sind in der Regel falsch. Ist eine Prognose einmal richtig, handelt es sich um einen glücklichen Zufall. Es gibt keine Analysten, die verlässlich zwei oder sogar mehrere Jahre hintereinander richtig liegen.
Bei diesen wertlosen Vorhersagen handelt es sich um sogenannte Punktprognosen. Dabei wird beispielsweise ein konkreter Kurswert einer Aktie zum Ende eines bestimmten Zeitraumes vorhergesagt oder der Punktestand eines Index. „Schon in zehn Jahren: Dax bei 30.000“, prognostizierte etwa Anfang 2019 ein deutsches Anlegermagazin.
Im Gegensatz zu Punktprognosen können Schätzungen von langfristigen Renditen immerhin hilfreich sein. Sie basieren unter anderem auf der Marktbewertung. Aber auch diese Verfahren sind alles andere als sicher und sie klammern meist den Verlauf der künftigen Kursentwicklung aus.
Wie eine Monte-Carlo-Simulation die Unsicherheit abbildet
Eines der wenigen sinnvollen Verfahren, sich der Zukunft zu nähern, besteht darin, die Unsicherheit an den Finanzmärkten abzubilden. Das ist mit Hilfe von sogenannten Monte-Carlo-Simulationen möglich. Dabei handelt es sich um eine Methode aus der Wahrscheinlichkeitstheorie, die auf einer großen Anzahl gleicher Zufallsexperimente fußt.
Einfache Zufallsexperimente sind etwa der Wurf einer Münze oder der eines Würfels. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Münzwurf der Kopf oben liegt, beträgt 50 Prozent. Dennoch kann bei mehreren Münzwürfen hintereinander immer wieder die Seite mit der Zahl oben erscheinen. Führt man das Experiment aber mehrere hundert Mal aus, nähern sich die relativen Häufigkeiten (nicht die absoluten), mit der Zahl und Kopf auftreten, ihrer theoretischen Wahrscheinlichkeit an.
Dieses sogenannte Gesetz der großen Zahlen macht sich die Monte-Carlo-Simulation zunutze. Das Verfahren wurde in den 1940er-Jahren von den Mathematikern Stanislaw Ulam, Nicholas Metropolis und John von Neumann entwickelt. Heute wird es nach wie vor in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Physik eingesetzt.
Praktische Anwendung finden Monte-Carlo-Simulationen auch bei der Finanzplanung. Sie können beispielsweise die Frage beantworten, wie viel jemand sparen muss, um ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft bis zum Lebensende einen fixen Betrag aus einem Portfolio zu entnehmen, ohne dass das Geld ausgeht. Mit Hilfe des Modells lassen sich auch Aussagen darüber treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Anleger künftig bestimmte Renditen erzielen werden und mit welchen Kurseinbrüchen sie rechnen müssen.
Simulation eines ETF-Portfolios mit sieben Anlageklassen
Eine solche Monte-Carlo-Simulation für einen Zeitraum von 20 Jahren haben wir für ein ETF-Portfolio erstellt, das zu gleichen Anteilen aus sieben Anlageklassen besteht: Industrieländeraktien, Schwellenländeraktien, Schwellenländeranleihen, Gold, Nahrungsmittelaktien, High-Yield-Bonds und Immobilienaktien.
Mehr zu diesem ETF-Portfolio und den Indizes, die wir dafür ausgewählt haben, lesen Sie in dem Beitrag Wie Sie ein fast unschlagbares ETF-Portfolio zusammenstellen.
Alle für die Simulation verwendeten Indexdaten sind in Euro umgerechnet. Bei den Aktienindizes handelt es sich um Netto-Indizes, bei denen die Quellensteuern bereits abgezogen sind. Solche Netto-Indizes bilden üblicherweise ETF ab. Deren relativ niedrige Kosten von 0,1 bis 0,5 Prozent jährlich sind in unseren Berechnungen nicht berücksichtigt.
Die Wahrscheinlichkeiten für die künftigen Renditen und Verluste dieses ETF-Portfolios (Startwert: 50.000 Euro) simulieren wir mit einer Software von Portfolio Visualizer auf Basis der jährlichen historischen Renditen für jede Anlageklasse von 2001 bis 2017. Der Monte-Carlo-Simulator wählt Jahresrenditen nach dem Zufallsprinzip aus und errechnet daraus einen Kursverlauf für jede Anlageklasse und das Gesamtportfolio. Dieses Zufallsexperiment wiederholt die Software 10.000 Mal. Aus den Häufigkeiten, mit denen bestimmte Renditen auftreten, leiten sich die Wahrscheinlichkeiten ab, mit denen Anleger diese Renditen künftig erzielen werden.
Nichts ist sicher, aber Vieles wahrscheinlich oder unwahrscheinlich
Die simulierten Renditen ordnet die Software vom besten bis zum schlechtesten Fall und teilt dieses Ranking in gleich große Gruppen, sogenannte Perzentile, ein. Jedes Perzentil enthält 1 Prozent (= 100) der simulierten Kursverläufe. An den Perzentilen können Sie die Wahrscheinlichkeiten ablesen, mit denen Sie bestimme Renditen erzielen werden.
Beispiel: Die nominale jährliche Durchschnittsrendite des 50. Perzentils beträgt 8,31 Prozent. Das bedeutet, dass die Rendite des ETF-Portfolios mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent über oder unter diesem Wert liegen wird. Weiteres Beispiel: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent wird die jährliche Durchschnittsrendite nach 20 Jahren größer sein als 4,01 Prozent (10. Perzentil). Andersherum beträgt die Wahrscheinlichkeit 10 Prozent, das die Rendite kleiner als dieser Wert ausfällt.