Eine wichtige Kennzahl für den Leistungsvergleich von ETF auf denselben Index ist die sogenannte Tracking-Difference. Dabei handelt es sich um die Renditedifferenz zwischen dem ETF und dem Index über einen bestimmten Zeitraum (ETF-Rendite minus Indexrendite = Tracking-Difference, kann natürlich auch umgekehrt berechnet werden).
Die Tracking-Difference enthält letztlich dieselbe Information wie die Rendite. Nur zeigt sie die Leistung eines ETF von der Kostenseite. Je kleiner die Tracking-Difference, desto geringer die tatsächlichen Gesamtkosten. Und je geringer die Kosten, desto besser der ETF. Der ETF mit der geringsten Tracking-Difference über einen bestimmten Zeitraum ist gleichzeitig immer der ETF mit der höchsten Rendite.
Anders als die Tracking-Difference geben die von den ETF-Anbietern ausgewiesenen Verwaltungskosten (Total Expense Ratio, TER) nur den fixen Anteil der Gesamtkosten eines ETF an. Die TER ist deswegen nicht aussagekräftig und für die Auswahl von ETF ungeeignet. Dagegen enthält die Tracking-Difference auch die variablen Kosten, die im Zeitverlauf schwanken.
In der Regel liefert ein ETF eine geringere Rendite als der Index. Bei der Berechnungsmethode, die Fairvalue verwendet, ist die Tracking-Difference deswegen negativ. Es gibt aber auch Indizes, bei denen die Tracking-Difference der ETF positiv ist. Etwa bei Fonds, die den Euro Stoxx 50 abbilden. In solchen Fällen profitieren die ETF meist von Quellensteuer-Erstattungen und von Einnahmen aus dem Verleih von Wertpapieren. Solche Zusatzerträge können die TER übersteigen. Ist das der Fall, ist die Tracking-Difference positiv.
Die historische Tracking-Differenz ist ein guter Indikator für die künftige Rendite
Eine Untersuchung von Fairvalue hat gezeigt, dass die ETF mit der niedrigsten Tracking-Difference oder der höchsten Rendite über wenigstens vier Jahre auch nach den folgenden vier Jahren in sechs von acht Fällen zu den besten in ihrer Vergleichsgruppe zählten. Folgt man der Analyse sind die langfristige Rendite und Tracking-Difference die einzigen beiden Kennzahlen, die brauchbare Hinweise auf die künftige Leistung eines ETF liefern.
Manche Anleger stützen sich beim ETF-Vergleich auf die Renditedaten aus den sogenannten wesentlichen Anlegerinformationen, die manche Fondgesellschaften auch Key Investor Information Document (KIID) nennen. Aus den darin enthalten Angaben der ETF-Anbieter lassen sich auch die Tracking-Differences ermitteln. Beispielsweise nutzt die ETF-Vergleichswebsite Trackingdifferences.com die KIIDs als Datenquelle.
Die Informationsblätter sind gesetzlich vorgeschrieben. Die Anbieter müssen sie für jeden Fonds erstellen. Bei ETF geben die Fondsgesellschaften maximal die Jahresrenditen der zurückliegenden fünf Jahre im Vergleich zum abgebildeten Index an. Ausgeschüttete Dividenden werden dabei nach einer einheitlichen Methode wieder eingerechnet als seien sie nie ausgezahlt worden. So verfahren auch die Vergleichsportale Justetf und Extraetf, um die Renditen von thesaurierende und ausschüttende ETF vergleichbar zu machen.
Wenn das Jahr nicht gleich viel Tage hat…
Die Renditedaten der ETF-Anbieter sind quasi amtlich. Dennoch helfen sie Anlegern nicht weiter. Ein Problem ist, dass ein Kalenderjahr nicht immer ein Kalenderjahr ist. Für ETF, die in Deutschland und Luxemburg aufgelegt wurden, berechnen die Anbieter für den 31.12 eines Jahres keinen Nettoinventarwert (NAV), weil die Banken in beiden Ländern am letzten Tag des Jahres geschlossen bleiben. Börsengehandelte Indexfonds aus anderen Ländern, etwa aus Irland, weisen dagegen auch für den 31.12 einen NAV aus, sofern das Datum nicht auf einen Samstag oder Sonntag fällt.
Für manche ETF ist das Jahr demnach um einen Tag kürzer. Der Vergleich von Renditen über unterschiedliche Zeiträume ist aber nicht aussagekräftig. Ein einzelner Handelstag mehr oder weniger kann die Rendite deutlich beeinflussen. Steigt der Markt am 31.12 an, werden die ETF, für die an diesem Tag noch ein Nettoinventarwert festgestellt wird, vor denen liegen, für die das Jahr schon am 30.12 endete. Umgekehrt fällt das Ergebnis aus, falls der abgebildete Markt am 31.12 fällt. Die Jahresrenditen aus den KIIDs können Anleger für den ETF-Vergleich also getrost vergessen.
Wie akkurat ist die Tracking-Difference aus den KIIDs?
Etwas anders stehen die Dinge, wenn Anleger aus den KIID-Daten die Tracking-Difference berechnen. Im Gegensatz zur Wertentwicklung spielt der fehlende Handelstag bei der Tracking-Difference keine entscheidende Rolle. „Es ist eher unwahrscheinlich, dass an diesem einen Tag etwas passiert, das die Tracking-Difference spürbar beeinflusst“, sagt Arne Scheehl vom ETF-Anbieter Comstage.
Dennoch sind die aus KIID-Daten gewonnenen Tracking-Differences nicht valide, legt eine Fairvalue-Analyse nahe. Wir haben für insgesamt 26 ETF auf vier verschiedene Indizes die Renditen für fünf Jahre von 2013 bis 2017 berechnet. Unsere Berechnungen basieren auf NAV-Zeitreihen von Morningstar Direct. Der Datenanbieter ist in der Fondsbranche eine anerkannte Instanz, dessen Zahlen als verlässlich gelten.
Die KIID-Daten sind von Währungsunterschieden verzerrt
Zudem haben wir aus den KIID-Daten die Tracking-Differences für die einzelnen Kalenderjahre kalkuliert und addiert. Auf diese Weise erhalten wir einen Wert über die fünf Jahre von 2013 bis 2017. Den Vergleichszeitraum mussten wir wählen, weil der Anbieter Lyxor Ende April 2019 in seinen KIIDs noch keine Zahlen für 2018 ausgewiesen hatte.
Wären die Tracking-Differences valide, müssten die ETF-Rankings, die sich aus den KIID-Daten ergeben, mit den Rankings nach den Morningstar-Renditen übereinstimmen (siehe oben). Das ist aber nicht der Fall, wie die folgenden Tabellen zeigen.