Wer in aktiv gemanagte Aktienfonds investieren will, hat meist das Ziel, eine höhere Rendite als im Marktdurchschnitt zu erwirtschaften. Doch das schaffen nur wenige Fondsmanager. Das Problem für Anleger besteht demnach darin, bei einem Fondsvergleich herausfinden zu müssen, welche Manager in Zukunft ihren Vergleichsindex schlagen werden.
Doch dieses Unterfangen scheitert in aller Regel, wie verschiedene Untersuchungen nahelegen. So stellte beispielsweise die britische Wettbewerbsbehörde CMA in einer Studie fest, dass selbst professionelle Investmentberater, die ihre Expertise teuer an institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen und andere Konzerne verkaufen, nicht in der Lage sind, systematisch Fonds zu identifizieren, die künftig überdurchschnittlich abschneiden werden. Die Methoden, die sie beim Fondsvergleich einsetzen, funktionieren offenbar nicht.
Der wesentliche Grund für diese Misere dürfte die zu starke Fokussierung auf die vergangene Wertentwicklung sein. Sowohl private als auch institutionelle Anleger wählen meistens Fonds aus, die in der jüngeren Vergangenheit ihren Vergleichsindex geschlagen und / oder im Vergleich zu Mitbewerbern besser abgeschnitten haben. Fondsmanager, die mit ihrer Aktienauswahl und dem Markettiming besonders erfolgreich waren, werden auch in der Zukunft eine ähnlich gute Leistung bringen, so das Kalkül.
Die Gewinner von heute, sind die Verlierer von morgen
Das erscheint intuitiv plausibel, ist aber grundlegend falsch. Die Gewinner von heute sind nicht die Gewinner von morgen, sondern die klaren Verlierer. Das zeigt eine Studie der Finanzmarktforscher Bradford Cornell, Jason Hsu und David Nanigan, die im Sommer 2017 im Journal of Portfolio Management erschienen ist. Darin weisen sie empirisch nach, dass die unter privaten und institutionellen Anlegern wohl am häufigsten genutzte Strategie beim Fondsvergleich zu einer unterdurchschnittlichen Rendite führt.
Die Mehrheit der Anleger kauft aktiv gemanagte Aktienfonds, die in der jüngeren Vergangenheit die höchsten Renditen erzielten. Diese Fonds haben in der Regel auch ein gutes Rating. Bei Fondsrankings stehen sie auf den vorderen Plätzen, weil die Fondsnoten vor allem auf der Rendite in der Vergangenheit basieren.
Wer beim Fondsvergleich zurückfällt, wird gefeuert
Nach Fondskäufen überprüfen Anleger regelmäßig, ob die Manager die erwartete überdurchschnittliche Rendite erzielen. Ist das innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht der Fall, verkaufen die Anleger den Fonds wieder. Sie ersetzen ihn durch einen neuen Fonds, der in der jüngeren Vergangenheit seinen Vergleichsindex übertraf. Zu einer solchen Vorgehensweise rät beispielsweise auch die Verbraucherzeitschrift Finanztest.
Doch diese Gewinnerstrategie geht nicht auf. Mit ihr erwirtschaften Anleger unterdurchschnittliche Renditen. Das weisen Cornell, Hsu und Nanigan anhand von in den USA aufgelegten Aktienfonds für den Zeitraum von Anfang 1994 bis Ende 2015 nach.
Dazu stellten sie ein gleichgewichtetes Fondsportfolio zusammen. Es enthielt zum Start die 10 Prozent der Aktienfonds, die in den zurückliegenden 3 Jahren ihre Vergleichsindizes am weitesten übertroffen hatten. Nach jeweils drei Jahren wurde das Gewinnerportfolio überprüft. Fonds, die nicht mehr zu den besten 10 Prozent zählten, ersetzten die Forscher durch neue Fonds, die nun in der aktuellen Spitzengruppe waren (Gewinnerstrategie).
Zum Vergleich konstruierten die Analysten nach demselben Muster jeweils ein Portfolio, das aus durchschnittlichen Fonds bestand (Durchschnittsstrategie), und eines, das die Verliererfonds enthielt. Das waren die 10 Prozent der Aktienfonds, die gemessen an ihrem Vergleichsindex in den zurückliegenden 3 Jahren am schlechtesten abgeschnitten hatten (Verliererstrategie).
Die Verliererstrategie gewinnt
Die Grundgesamtheit aller US-Aktienfonds schränkten die Forscher nach zwei Kriterien ein: Sie berücksichtigten nur Fonds, die wenigstens eine Milliarde US-Dollar verwalteten, da kleinere Fonds von institutionellen Anlegern gemieden werden. Außerdem klammerten sie die 10 Prozent der Fonds mit den höchsten Verwaltungskosten aus. Denn aus anderen Studien ist bekannt, dass besonders teure Fonds meist eine unterdurchschnittliche Rendite erzielen.
Die Ergebnisse dieses Fondsvergleichs dürften viele Anleger überraschen: Die Verliererstrategie lieferte die höchsten Renditen und die Gewinnerstrategie die niedrigsten. Die Durchschnittsstrategie liegt dazwischen. Während die Verliererstrategie einen Gewinn von 10,04 Prozent pro Jahr erwirtschaftete, brachte die Gewinnerstrategie lediglich 7,43 Prozent ein – eine Differenz von jährlich 2,61 Prozentpunkten.
An diesen Ergebnissen lässt sich nicht rütteln, egal welche Methoden zur Renditemessung herangezogen werden. Auch beim Gewinn gemessen am eingegangenen Risiko (Sharpe-Ratio) hatte die Verliererstrategie die Nase vorn. Tests mit verschiedenen Strategievarianten und unterschiedlichen Grundgesamtheiten, aus denen die Fonds ausgewählt wurden, bestätigen die Resultate.
Die Rückkehr zum Mittelwert
Die Ursache für die deutliche Unterlegenheit der Gewinnerstrategie sehen die Forscher im Phänomen der sogenannten Mean Reversion, der Rückkehr zum Mittelwert. An den Finanzmärkten ist zu beobachten, dass Bewertungen von Wertpapieren wie Aktien auf längere Sicht tendenziell wieder zu ihrem Mittelwert zurückkehren und dass sich Phasen mit hohen und niedrigen Bewertungen abwechseln.
Das scheint auch für aktiv gemanagte Aktienfonds zu gelten. Bei einem üblichen Fondsvergleich auf Basis der Renditen stehen diejenigen ganz oben, deren Strategie in der jüngeren Vergangenheit besonders gut lief. Das frische Kapital, das diese Gewinnerfonds anziehen, fließt meist in deren erfolgreichsten Positionen. Das gibt den entsprechenden Aktien und dem Fonds noch einmal einen Schub und treibt die Bewertungen weiter in die Höhe.
Doch über längere Zeiträume beginnen viele der vermeintlichen Kursraketen zu schwächeln. Die hochgeschossenen Bewertungen bewegen sich wieder abwärts in Richtung ihres Mittelwertes – und drücken die Wertentwicklung des Fonds auf ein durchschnittliches oder unterdurchschnittliches Niveau.
Kleine Fonds hatten mehr Renditepotenzial
Der Umkehrschluss aus diesen empirischen Ergebnissen lautet, bei der Auswahl aktiver Fonds konsequent auf die Verlierer der jüngeren Vergangenheit zu setzen, die mehr Kurspotenzial haben. Allerdings führt auch diese Strategie, die kaum auf breite Akzeptanz unter Anlegern stoßen dürften, nicht unbedingt zu überdurchschnittlichen Renditen. Bei fast allen durchgerechneten Varianten blieb die Verliererstrategie hinter dem Marktdurchschnitt zurück. Der Renditeabstand betrug 0,11 bis 1,13 Prozentpunkte pro Jahr.
Nur wenn auch Fonds mit weniger als einer Milliarde US-Dollar Anlagekapital mit einbezogen wurden, war die Verliererstrategie jährlich um 0,4 bis 0,48 Prozentpunkte besser als die Vergleichsindizes.
Das zeigt: Selbst wenn Anleger sich nicht von den Gewinnerfonds der Vergangenheit vereinnahmen lassen und stattdessen die erfolgreichere Verliererstrategie wählen, dürften sie in vielen Fällen mit börsengehandelten Indexfonds (ETF) besser fahren. Sie liefern die durchschnittliche Marktrendite nach Abzug von Kosten und Steuern – und halten dieses Versprechen.