Produktcheck

Wie stark ist der ETF von Gerd Kommer?

Von Markus Neumann

Faktorprämien nicht messbar: der Gerd-Kommer-ETF

Wir vergleichen den Kommer-ETF mit einem ETF auf den MSCI ACWI IMI, der dasselbe Anlageuniversum umfasst. Ebenfalls im Contest: Ein nach Wirtschaftsleistung gewichtetes Weltportfolio aus Regionen-ETF sowie ein MSCI-World-ETF. Außerdem untersuchen wir in zwei Regressionsanalysen, ob der Kommer-ETF tatsächlich Faktorprämien liefert.

Alles begann mit Büchern zum Thema Geldanlage mit Indexprodukten. Dann kamen eine Honorarberatung, eine Vermögensverwaltung und ein Robo-Advisor hinzu. Im Sommer 2023 krönte Gerd Kommer seine Produktpalette schließlich mit einem eigenen ETF, dem L&G Gerd Kommer Multifactor Equity UCITS ETF. Tickersymbol: GERD.

Der GERD verspricht anders zu sein, als alles, was der Markt bisher zu bieten hatte. Die Initiatoren nennen ihr Produkt eine „All-in-one-Geldanlage-Lösung“, da es aus ihrer Sicht alle Aspekte der Geldanlage berücksichtigt, die heute relevant sind. Der GERD investiert ausschließlich in Aktien. Und zwar in große, mittlere und kleine in allen Ländern dieser Welt, die über börsengehandelte Unternehmen mit einer ausreichenden Liquidität verfügen.

Dieses Rahmenkonzept ist dasselbe wie das des MSCI All Country World Investable Market Index (MSCI ACWI IMI), der gut 8600 Unternehmen aus 47 Ländern umfasst und damit nach Angaben von MSCI 99 Prozent des investierbaren Aktienweltmarktes abdeckt. Länder und Unternehmen sind nach ihrem jeweiligen Börsenwert, der sogenannten Marktkapitalisierung, gewichtet. Das ist die klassische Methode bei sogenannten Marktindizes.

So macht es der GERD

Der GERD geht natürlich anders vor. Die Länder gewichtet er nur zur Hälfte nach dem Börsenwert. Die andere Hälfte orientiert sich an der realen Wirtschaftsleistung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Der Effekt: Im Vergleich zum MSCI ACWI IMI sinkt der hohe Anteil der USA von gut 65 auf knapp 49 Prozent. Dafür steigt das Gewicht der Schwellenländer und das der meisten europäischer Staaten.

Die 50-50-Mischung bei der Gewichtung ist eine Lösung, die sich wissenschaftlich kaum begründen lässt. Denn zumindest für die 23 entwickelten Länder zeigt meine Analyse, dass eine BIP-Gewichtung in der Vergangenheit meist die höhere Rendite brachte.

Der GERD entschied sich vermutlich für das 50-50-Konstrukt, weil bei einer reinen BIP-Gewichtung der Schwellenländeranteil auf etwa 38 Prozent angestiegen wäre. Das dürfte den ETF-Konstrukteuren angesichts einer sehr schwachen Wertentwicklung in den aufstrebenden Ländern in den vergangenen Jahren dann wohl doch etwas zu viel gewesen sein.

Gerd-Kommer-ETF: Unterschiede zu MSCI-Inizes

Anders als ETF auf den MSCI ACWI IMI berücksichtigt der GERD auch Nachhaltigkeitsfaktoren. Die Unternehmen mit den höchsten Emissionen relativ zum Börsenwert in jedem der elf Sektoren werden beispielsweise ausgeschlossen. Nicht ins Portfolio aufgenommen werden auch Unternehmen, die an der Produktion kontroverser Waffen beteiligt sind, und Kohleerzeuger. Den Initiatoren zufolge berücksichtigt der ETF „wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte“, gehe aber „nicht so weit wie die meisten nachhaltigen Fonds, um die dafür notwendigen Abstriche in der Diversifikation oder Renditeerwartung zu vermeiden“.

Schließlich will der GERD höhere Renditen erzielen als ETF auf nach Börsenwert gewichtete Marktindizes. Dafür sollen sogenannte Faktorprämien sorgen. Faktoren sind quantitativ messbare Charakteristika von Aktien. Die Kurse von Werten mit denselben Merkmalen haben die Tendenz, sich ähnlich zu entwickeln. Selektiert man innerhalb eines Marktes Aktien mit den gleichen Faktoren und fasst sie zu Gruppen zusammen, verhalten sich diese Portfolios in aller Regel anders als der Gesamtmarkt.

Zahlreiche akademische Studien, die in den vergangenen fünf Jahrzehnten publiziert wurden, belegen, dass einige Faktoren langfristig hohe Renditen lieferten – unabhängig von Untersuchungszeiträumen und einzelnen Märkten. Insbesondere die Faktoren Value, High Yield (hohe Dividendenrendite), Size und Momentum gelten unter Finanzmarktforschern als ziemlich robust.

Analyse des Gerd-Kommer-ETFs

Der Index, den der GERD nachbildet, gewichtet die Aktien innerhalb der einzelnen Länder nach Faktor-Scores. Unternehmen mit einem hohen Wert bekommen ein höheres Gewicht im Portfolio. Aktien, deren rechnerische Gewichte unter einen bestimmten Mindestwert fallen, werden nicht ins Portfolio aufgenommen. Auf diese Weise reduziert sich die Anzahl der im Solactive Gerd Kommer Multifactor Equity Index enthaltenen Titel auf 5000.

Der GERD zielt auf die Faktoren Size, Value, Quality, Investment und Momentum. Deswegen die Bezeichnung „Multifactor“-ETF. Doch Regressionsanalysen zeigen, dass Anleger, die auf den GERD setzen, kaum von Faktorprämien profitieren werden. Vielmehr erklärt die allgemeine Marktentwicklung fast die gesamte Rendite des vermeintlichen Faktor-ETFs. (Für die Ökonometriker unter Ihnen: Im Fünf-Faktoren-Modell von Fama und French ist nur der Marktfaktor signifikant. Regressionskoeffizient: 0,93. Bestimmtheitsmaß des Modells: 96,9 Prozent.)

Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in anderen statistischen Kennzahlen wider. Die Korrelation von GERD mit einem ETF auf den MSCI ACWI IMI beträgt 0,96. Mit anderen Worten: Der GERD klebt wie eine Klette an seinem Mitbewerber. Fast 92 Prozent von GERDs Rendite lassen sich mit der Rendite des Konkurrenz-ETFs erklären.

Renditen und Kosten im Vergleich

Auch die absoluten Renditen, gemessen von Juli 2023 bis Januar 2025, unterscheiden sich kaum. Gleiches gilt für die Wertschwankungen und die maximalen Wertverluste. Unterschiede gibt es aber bei einigen Risikokennzahlen. Sie deuten darauf hin, das zweitweise Verluste beim GERD höher ausfallen werden.

Der gravierendste Unterschied zwischen dem GERD und dem einzigen in Deutschland erhältlichen ETF auf den MSCI ACWI IMI ist aber wahrscheinlich der Preis. Der GERD kostet 0,5 Prozent der verwalteten Anlagesumme pro Jahr, sein Konkurrent nur 0,17 Prozent. Wer sich ein  Weltaktienportfolio aus zwei oder drei ETFs selber baut, zahlt noch weniger.

Fazit: Der Kommer-ETF ist eine Mogelpackung

Der GERD ist kein schlechtes Produkt, aber leider eine Mogelpackung. Die vermeintliche Ausrichtung nach Faktoren ist nicht messbar. Dennoch zahlen Anleger dafür einen Aufpreis von mindestens 0,33 Prozent pro Jahr. Wer die USA niedriger und die Schwellenländer sowie Europa höher gewichten will als im MSCI ACWI IMI, kann dies auch preiswerter mit einem selbstkonstruierten ETF-Portfolio erreichen.

Downloads: Die nackten Zahlen

Vergleich des Kommer-ETF mit dem MSCI ACWI IMI, dem MSCI World und einem BIP-gewichteten Weltportfolio

Analyse Kommer ETF

Regressionsanalysen zeigen, dass der „Multifaktor“-ETF von Kommer keine messbaren Faktorprämien liefert

Factor-Regression nach French Fama

Factor-Regression mit AQR Faktoren

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Inhalt: Text sowie drei Datenanalysen im PDF-Format

Vergleich des Gerd-Kommer-ETF mit dem MSCI ACWI IMI, dem MSCI World und einem BIP-gewichteten Weltportfolio

Berechnete Kennzahlen (Auswahl):

Endvermögen, Geometrische Rendite (verschiedene Zeiträume), Arithmetische Rendite, Jahresrenditen, Monatsrenditen, Standardabweichung (Volatilität), Wertverluste (zehn schlimmste Wertverluste + Erholungsdauer), Sharpe Ratio, Sortino Ratio, Beta, Alpha, Value at Risk, Positive Perioden, Sichere Entnahmerate, Ewige Rente, Active Return (Vergleich der Renditen der Portfoliobestandteile im Vergleich zur Benchmark), Renditekennzahlen für die einzelnen Portfoliokomponenten, Korrelationen der Portfoliokomponenten.

Zwei Regressionsanalysen, die zeigen, welche Faktorprämien der Gerd-Kommer-ETF liefert

© Fairvalue 15.02.2025

Quellen

Eigene Berechnungen und Recherchen

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