Bankeinlagen

Einlagensicherung – so funktioniert der Rettungsschirm für Sparer

Von Markus Neumann

Auch die Einlagensicherung hat ihre Grenzen

Seit das internationale Bankensystem und einige europäische Staaten bedrohlich ins Wanken gerieten, sorgen sich immer mehr Anleger um die Sicherheit ihrer Bankeinlagen. Bis zu 100.000 Euro pro Kunde und Bank sind gesetzlich über die Einlagensicherung geschützt. Doch dieses System hat Grenzen.

Pleiten in den USA und Island und kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende deutsche Geldinstitute nährten vor allem 2008 Zweifel an der Solidität und Vertrauenswürdigkeit der Finanzbranche. Zwar scheinen die schlimmsten Brände inzwischen gelöscht zu sein. Doch die Angst vor dem Verlust des Ersparten ist bei vielen geblieben.

Mittlerweile hat die Europäische Union (EU) die gesetzliche Bankeinlagensicherung einheitlich geregelt und den Schutz für Anleger verbessert. Seit 2011 ist jedes Mitgliedsland verpflichtet, die Rückzahlung von Spareinlagen bis zu 100.000 Euro pro Bank und Kunde zu garantieren. Diese Regelung gilt für Girokonten, Guthaben auf Kreditkartenkonten, Tagesgeld und Festgeld sowie für Sparbriefe. Für Gemeinschaftskonten von Eheleuten beträgt die abgesicherte Summe 200.000 Euro. Solange die Höchstgrenzen nicht überschritten werden, gilt die Einlagensicherung auch für noch ausstehende Zinsen.

Die gesetzlich garantierte Summe kann sich auf 500.000 Euro erhöhen, falls besondere Umstände dazu geführt haben, dass eine höhere Geldsumme beispielsweise auf einem Tagesgeldkonto liegt. Als besonderer Umstand gilt etwa der Verkauf einer selbstgenutzten Immobilie, aber auch eine Scheidung, eine Kündigung, der Renteneintritt oder Invalidität. Die Dauer des erhöhten Schutzumfanges ist allerdings auf sechs Monate begrenzt. Innerhalb dieser Zeit sollte das Kapital auf verschiedene Banken und / oder in andere Anlageformen wie Aktien umgeschichtet werden.

Rückzahlung der Guthaben

Wie die EU-Richtlinie im Detail umgesetzt wird, ist Sache der einzelnen Länder. Allerdings macht die EU Vorgaben, die in allen EU-Staaten eingehalten werden müssen. Spätestens ab dem Jahr 2024 gilt eine Auszahlungsfrist im Schadensfall von sieben Tagen. Bisher können sich die Entschädigungseinrichtungen 20 Tage lang Zeit lassen. Zudem müssen die Länder ihre Einlagensicherung mit einem Mindestvermögen ausstatten.

In Deutschland sind die Vorgaben im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz verankert. Danach müssen alle deutschen Privatbanken wie die Deutsche Bank Mitglied in der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) sein. Schlittert ein Geldinstitut in die Pleite, springt die EdB ein. Sie finanziert sich aus den Mitgliedsbeiträgen der Banken.

Über wie viel Geld sie verfügt, wird nicht veröffentlicht. Sollten ihre Mittel zur Deckung eines Schadensfalles nicht ausreichen, kann sie weitere Finanzspritzen von den Mitgliedsbanken einfordern oder Kredite aufnehmen. Wichtig: Auf die gesetzliche Einlagensicherung besteht ein Rechtsanspruch, der einklagbar ist.

In Frankreich, Österreich, Großbritannien und Luxemburg regeln ähnliche Entschädigungseinrichtungen wie in Deutschland die Ansprüche von Bankkunden. In den Niederlanden hat diese Aufgabe die Zentralbank übernommen.

Oft bieten Banken im europäischen Ausland die höchsten Zinsen. Wenn Sie mehr als 100.000 Euro etwa als Tagesgeld oder Festgeld in Europa anlegen wollen, verteilen Sie Ihr Vermögen auf verschiedene Banken, sodass die Sicherungsgrenze nicht überschritten wird. Auf diese Weise schützen Sie auch größere Summen vor der Zahlungsunfähigkeit von Banken.

Ausnahmefall Deutschland

Innerhalb von Deutschland ist die Streuung des Vermögens über mehrere Geldinstitute dagegen häufig nicht notwendig. Die meisten Privatbanken sind hier zusätzlich zur EdB freiwillig Mitglied im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB).

Der BdB sichert Bankeinlagen in Millionenhöhe ab und springt ein, wenn die EdB-Sicherungsgrenze ausgeschöpft ist. Er steht pro Kunde für Beträge in Höhe von bis zu 20 Prozent des haftenden Eigenkapitals einer Bank gerade. Wie groß die Haftungssumme im Einzelnen ist, hängt also von der Größe des Geldinstituts ab. Bei Großbanken sind in der Regel dreistellige Millionenbeträge pro Kunde über den BdB abgesichert. Bei den kleinsten Banken sind es immerhin noch rund eine Millionen Euro – für die meisten Anleger ein ausreichendes Auffangnetz. Die genaue Höhe kann auf der Webseite des BdB abgefragt werden.

Allerdings senkt der BdB die Haftungshöhe in den kommenden Jahren schrittweise: Ab dem Jahr 2020 auf 15 Prozent und 2025 schließlich auf 8,75 Prozent des Eigenkapitals. Selbst bei kleinen Banken sind dann aber immer noch knapp 440 000 Euro pro Kunde vor Pleiten geschützt.

Kein Rechtsanspruch auf BdB-Entschädigung

Anders als bei der gesetzlichen Einlagensicherung besteht auf die Zahlungen des BdB allerdings kein Rechtsanspruch. Der Verband begründet diesen Mangel mit formalen Hindernissen: Gäbe es einen Rechtsanspruch, würde der BdB-Fonds rechtlich als Versicherung eingestuft. Das hätte zur Folge, dass Versicherungssteuer anfiele. Zudem würde dadurch auch das Entschädigungsverfahren komplizierter und teurer. Deshalb sei 1976 bei der Gründung des Fonds – in Absprache mit dem Finanzministerium und der Finanzdienstleistungsaufsicht – darauf verzichtet worden, einen Rechtsanspruch festzuschreiben, erklärt der BdB.

Kritiker verweist der Verband auf die verlässliche Schadensregulierung in der Vergangenheit. Seit Bestehen des Sicherungsfonds hat kein Kunde in Deutschland bei einer der mehr als 30 Bankpleiten seine Spareinlagen verloren.

Inzwischen sind auch einige Banken aus dem europäischen Ausland, deren Kundengelder in den jeweiligen Heimatländern von der gesetzlichen Einlagesicherung geschützt sind, zusätzlich Mitglied im BdB-Fonds.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von ausländischen Geldinstituten, die in Deutschland eigenständige Tochtergesellschaften unterhalten. Diese Banken haben zum Teil exotisch klingende Namen, fallen jedoch unter die deutsche gesetzliche Einlagensicherung und sind zudem häufig noch BdB-Mitglied. Bei ihnen greifen demnach dieselben Schutzmechanismen wie bei den meisten deutschen Privatbanken. Zu diesen Instituten zählen beispielsweise ING-Diba, Santander Consumer Bank, Ziraat Bank sowie die Oyak Anker Bank.

Lassen Sie sich also nicht von fremd klingenden Namen verunsichern. Informationen über die Einlagensicherung der jeweiligen Bank, die auf deren Internetseiten veröffentlicht werden, verschaffen Ihnen Klarheit.

Die Einlagensicherung bei öffentlichen Banken, Sparkassen und Volksbanken 

  • Öffentliche Banken: Die im Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) organisierten Institute, darunter die Deutsche Kreditbank (DKB), unterhalten ihre eigene Entschädigungseinrichtung (EdÖ). Zudem sind viele von ihnen zusätzlich Mitglied im freiwilligen Einlagensicherungsfonds des VÖB. Über die Höhe der Absicherung dieses Fonds macht der VÖB allerdings keine Angaben. Ein Rechtsanspruch auf Zahlungen aus diesem Topf besteht im Schadensfall nicht.
  • Sparkassen: Anders als Privatbanken garantieren die öffentlich-rechtlichen Sparkassen die Rückzahlung der Kundengelder ohne Begrenzung. Über einen Sicherungsverbund sind 100 Prozent der Einlagen abgesichert. Die Mitgliedschaft in der sogenannten Institutssicherung der Sparkassen-Finanzgruppe (DSGV) ist für alle Sparkassen zwingend. Gerät eine Sparkasse in Bedrängnis, wird sie von den anderen Mitgliedern im Verbund gestützt. Pleiten werden nach diesem System verhindert, bevor sie eintreten. Käme es dennoch zu einem Schadensfall, würden Kunden der betroffenen Sparkassen vom DSGV in voller Höhe entschädigt.
  • Volksbanken: Die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparda-Banken und die PSD Banken haben ein ähnliches System wie die Sparkassen. Auch bei ihnen sind Spareinlagen ohne Begrenzung abgesichert.
  • Bausparkassen: Ebenfalls unlimitiert sind Bausparguthaben bei privaten Bausparkassen. Dazu zählen die Aachener, Debeka, Alte Leipziger, Deutsche Bausparkasse Badenia und die Bausparkasse Mainz. Andere Einlagen sind bei diesen Instituten allerdings nur begrenzt gesichert. Hier greift die EdB für die ersten 100 .000 Euro pro Kunde. Höhere Beträge sind über den Einlagensicherungsfonds des Verbandes der privaten Bausparkassen geschützt – allerdings nur weitere 150. 000 Euro, sodass sich insgesamt eine Sicherungsgrenze von 250  000 Euro ergibt.

Die Abwicklung von Schadensfällen

Wie Schadensfälle konkret abgewickelt werden, ist von Land zu Land verschieden. Besonders bequem haben es Anleger in Deutschland. Hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Zahlungsunfähigkeit einer privaten Bank festgestellt, schickt die EdB den Kunden automatisch einen Antrag zu. Guthaben und Zinsen sind darin bereits vermerkt. Die Kunden müssen lediglich ihre Kontonummer eintragen und den Antrag zurückschicken. Die Entschädigung wird spätestens nach 20 Tagen bezahlt.

Etwas länger dauert es, wenn das Guthaben die 100.000-Euro-Grenze überschreitet und die zahlungsunfähige Bank Mitglied im Sicherungsfonds des BdB ist. Dann überträgt die EdB die gesamte Entschädigung auf den BdB. Der wiederum prüft die Forderung und gleicht sie innerhalb von ein bis zwei Monaten aus. Ähnlich läuft es bei ausländischen EU-Banken, die dem deutschen BdB-Fonds angehören.

Die Abwicklung von Schadensfällen im Ausland ist seit 2015 vereinheitlicht worden. Anleger müssen sich nun nicht mehr an die jeweilige Behörde wenden. Entschädigungszahlungen wickelt die deutsche Einlagensicherung im Auftrag der ausländischen Einrichtung ab.

 Auch die Einlagensicherung hat ihre Grenzen

Viele Anleger fragen sich, ob die Sicherungssysteme im Ernstfall auch tatsächlich funktionieren. Solange in den EU-Staaten nur vereinzelt Banken zahlungsunfähig werden, sollte die gesetzliche Einlagensicherung in den meisten Ländern in der Lage sein, alle Entschädigungsforderungen zu begleichen. Schließlich ist die Haftung begrenzt. Allerdings gibt es auch sehr finanzschwache EU-Länder, bei denen es fraglich ist, ob sie im Ernstfall die gesetzliche Einlagensicherung garantieren können. Wer sich von Banken solcher Länder mit hohen Zinsen locken lässt, spekuliert letztlich darauf, dass die EU-Partner im Notfall einspringen. Das wiederum wäre eine rein politische Entscheidung – eine rechtliche Verpflichtung dazu gibt es nicht.

Ähnlich sieht es aus, wenn nach der Pleite einer Großbank weitere Institute mitgerissen werden. Bei einem massenhaften Zusammenbruch könnten die Sicherungssysteme, die sich ja aus den Beiträgen von Banken finanzieren, schnell überfordert sein. Sie sind nicht für Katastrophen wie den Zusammenbruch des Finanzsystems geschaffen. Würde eine solche Gefahr drohen, müsste der Staat eingreifen, um zu verhindern, dass es zu einer Kettenreaktion kommt.

Der Autor


Markus Neumann ist Finanzjournalist, Herausgeber des Online-Anlegermagazins Fairvalue und Sachbuchautor. Zuletzt erschien von ihm „Das ETF-Portfolio – wie Sie ein fast unschlagbares Depot zusammenstellen und managen“. 2020 war er für den Deutschen Journalistenpreis in der Kategorie Vermögensverwaltung nominiert. Folgen Sie ihm auf Twitter.

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© Fairvalue, aktualisiert am 25.07.2022

Fotografie: Mike Wilson / StockSnap 

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