Futuremärkte

Rohstoffe handeln – so ticken die Warenterminbörsen

Von Markus Neumann

Rohstoffe wie Gas und Öl werden durch Pipelines transportiert

Bau einer Gaspipeline in Großbritannien.

Nach dem Absturz des Preises für die Rohölsorte WTI witterten viele Anleger ein Schnäppchen. Doch die Rohstoffmärkte sind tückisch. Wer Rohstoffe handeln will, sollte zunächst verstehen, wie die Terminmärkte und Rohstofffutures funktionieren. Fairvalue beantwortet die wichtigsten Fragen.

 

Anleger können mit Rohstoffen ihr Portfolio diversifizieren – oder kurzfristige Wetten eingehen, etwa auf den Rohölpreis. Doch nur wer verstanden hat, wie Warentermingeschäfte funktionieren, kann die Wertentwicklung von Finanzprodukten auf Rohstoffe nachvollziehen und ist vor bösen Überraschungen sicher. Fairvalue beantwortet die wichtigsten Fragen zum Terminmarkt.

Was sind Futures auf Rohstoffe?

Ein Future ist ein standardisierter Kontrakt, der die Lieferung beziehungsweise die Abnahme einer bestimmten Ware zu einem bestimmten Termin in der Zukunft zu einem festgelegten Preis verbrieft. Die Laufzeit von Futures ist also zeitlich begrenzt, der Kontrakt verfällt zum Liefertermin.

Der Verkäufer eines Rohstofffuture ist zur Lieferung der Ware, der Käufer zu ihrer Abnahme verpflichtet. Ein Verkäufer eines Futures an einer Terminbörse hält eine so genannte Shortposition, der Käufer ist dagegen „long“. Einer Position muss immer eine Gegenposition gegenüber stehen (ansonsten würde kein Termingeschäft zustande kommen), so dass die Summe aller Short- und Longpositionen immer null ist. Finanzinvestoren und Spekulanten stellen ihre Positionen mit einem Gegengeschäft glatt, bevor ihre Kontrakte fällig werden, um nicht tatsächlich die physische Ware beziehen oder liefern zu müssen.

Futures werden an Terminbörsen gehandelt. Zu den bekanntesten zählt das Chicago Board of Trade, wo Agrarrohstoffe umgeschlagen werden. Die New York Mercantile Exchange ist ein wichtiger Handelsplatz für Kontrakte auf Öl, Erdgas und Metalle. An der London Metal Exchange werden ausschließlich Industriemetalle gehandelt. In Deutschland gibt es mit der Eurex, der Leipziger Strombörse EEX und der RMX in Hannover drei Handelsplätze für Futures.

Wer sind die Käufer und Verkäufer?

Warenterminbörsen haben eine lange Historie und eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung. Produzenten und Verbraucher sichern sich auf diesen Märkten mit Termingeschäften gegen Preisschwankungen ab. Während sich Produzenten gegen den Verfall der Notierungen absichern, wollen sich Verbraucher vor Preissteigerungen schützen.

Für einen Müsliriegelhersteller, der steigende Getreidepreise erwartet, kann es beispielsweise nützlich sein, für die Weizenlieferung, die er in einigen Monaten benötigt, schon heute den Preis über einen Terminkontrakt zu vereinbaren. Rohstoff-Verbraucher halten also in der Regel Long-Positionen (Käufer), während die Hersteller von Rohstoffen auf der Shortseite (Verkäufer) sind.

Die dritte Gruppe, die sich – in immer größerem Umfang und mit immer mehr Geld – auf den Terminmärkten tummelt, sind die sogenannten Spekulanten, also Finanzinvestoren. Auch wenn der Begriff Spekulation im allgemeinen Sprachgebrauch in Deutschland negativ behaftet ist, bestreitet kaum ein Ökonom den volkswirtschaftlichen Nutzen von Spekulationen. Denn Finanzinvestoren fungieren an den Terminmärkten als wichtige Liquiditätsgeber, die Preisrisiken übernehmen und dafür mit einer Prämie entschädigt werden wollen. Letztlich ist das nichts anderes als eine Art Versicherungsgeschäft. Finanzinvestoren, zu denen auch Privatanleger zählen, halten überwiegend Long-Positionen, was letztlich auch auf die Konstruktion der Indizes zurückzuführen ist, über die sie sich an den Futuremärkten engagieren. 

Was ist ein Spotpreis?

Der Spotpreis wird auch Kassapreis genannt. Dies ist der Gegenwartspreis für einen Rohstoff, der für die sofortige Lieferung einer physischen Ware bezahlt werden muss. Der jeweilige Future, der als nächstes fällig wird, repräsentiert den Spotpreis. Bei den in Tageszeitungen oder im Internet veröffentlichten Rohstoffnotierungen handelt es sich fast immer um Spotpreise. Weil Finanzinvestoren ja nicht die physische Rohstoffe handeln und lagern wollen, können sie nicht direkt am Spotpreis partizipieren.

Was ist eine Terminkurve?

Die Terminkurve wird auch Fristenstruktur oder Forwardkurve genannt. Sie zeigt für einzelne Rohstoffe die Preise für alle Kontraktlaufzeiten an. Der Bereich der Kurve, der am weitesten in die Zukunft reicht, wird das „längere Ende“, der Bereich der die bald fälligen Kontrakte repräsentiert das „kurze Ende“ genannt. An den Terminbörsen wird für jeden potentiellen Liefermonat nur ein Future gehandelt. Energierohstoffe und Metalle haben für jeden Monat einen Kontrakt, die Terminkurve für das kommende Jahr enthält demnach zwölf Preise. Für Agrarrohstoffe werden dagegen meistens nur in fünf bis sieben Monaten pro Jahr Futures gehandelt – orientiert an den Erntezeiten.

Was versteht man unter Backwardation und Contango?

Wenn die Terminkurve fällt (negative Steigung), die Futurepreise also unter dem aktuellen Spotmarktpreis notieren und zum längeren Ende hin immer weiter abnehmen, spricht man von Backwardation. Liegen die Terminpreise dagegen über dem Spotmarktpreis und nehmen zum längeren Ende hin immer weiter zu, ist die Kurve ansteigend und notiert in „Contango“ (positive Steigung). Da Terminkurven, wenn man von Ausnahmen wie bei Gold einmal absieht, nicht liniar verlaufen, kann sich die Preisstrukturkurve einzelner Rohstoffe beispielsweise am kurzen Ende in Contango und am längeren Ende in Backwardation befinden.

Wie lässt sich der Verlauf einer Terminkurve interpretieren?

Der Verlauf einer Fristenstruktur bildet auch die Markterwartungen ab. Bei Backwardation rechnen die Marktakteure mit sinkenden, bei Contango mit steigenden Preisen.

In der Regel schlagen die Spotpreise tatsächlich die vom Terminmarkt erwartete Richtung ein. Es gibt eine ganze Reihe ökonomischer Studien, die übereinstimmend feststellen, dass die Futurepreise die besten Schätzungen für zukünftige Spotmarktpreise liefern. Das zeigt, dass die Terminkurve die verfügbaren Marktinformationen weitgehend enthält.

Was an den Märkten erwartet wird, muss aber nicht unbedingt eintreffen. Es kommt regelmäßig vor, dass Rohstoffe etwa in Backwardation notieren, die Spotmarktpreise aber unbeiirt weiter steigen. Ein Beispiel dafür ist die Preisentwicklung von Rohöl im Jahr 2007.

Wie kann man mit Rostofffutures Geld verdienen?

Eigentlich ist es bei Rohstofffutures genauso wie bei Aktien: Man investiert (long) in einen bestimmten Verfallsmonat. Steigt der Preis für diesen Kontrakt, erzielt man eine positive Rendite. Sinkt der Preis, macht man Verlust.

Kompliziert wird es dadurch, dass sich Investoren in der Regel am Spotpreis orientieren und nicht an dem Preis des Futures, in dem sie investiert sind.

Anleger, die den Umgang mit Aktien gewöhnt sind, wird zusätzlich verwirren, dass an den Futuremärkten vieles genau umgedreht funktioniert.

Während Aktienanleger zum Beispiel Short-Positionen aufbauen, wenn sie fallende Märkte erwarten, verhalten sich Future-Investoren in der Regel genau umgekehrt. An einer Terminbörse ist es am wahrscheinlichsten mit einer Long-Position einen Gewinn zu machen, wenn der Markt sinkende Preise erwartet, die Terminkurve für einen Rohstoff in Backwardation notiert (siehe „Rollrendite“).

Wie wird die Rendite berechnet?

Grundsätzlich unterteilt die Finanzbranche die Rendite von Future-Investments in drei Komponenten:

  1. Spotrendite: Sie resultiert aus den Änderungen des Spotpreises zwischen Kauf- und Verkaufszeitpunkt.
  2. Zinsen: Terminkontrakte müssen erst bei Fälligkeit bezahlt werden. Zum Zeitpunkt des Kaufs muss lediglich eine Sicherheitsleistung, die sogeannte Margin, hinterlegt werden. Sie beträgt an den meisten Terminbörsen nicht mehr als fünf Prozent des Kontraktvolumens. Das verbleibende Kapital kann am Geldmarkt angelegt werden. Da fast alle Rohstoffe in US-Dollar notieren, werden in Fonds oder Zertifikaten verwaltete Anlegergelder häufig zum Treasury-Bill-Satz verzinst. Treasury Bills (T-Bills) sind staatliche Schuldverschreibungen der USA mit einer kurzen Laufzeit zwischen drei und zwölf Monaten.
  3. Rollrendite. Sie ist letztlich nur eine theoretische Größe, mit der zu einem bestimmten Zeitpunkt die Preisdifferenz zwischen Spotmarkt- und Futurespreisen gemessen wird. Sogenannte Rollrenditen entstehen beim Kontraktwechsel vor Ablauf eines Futures in den nächstfälligen. Im Branchenjargon wird dieser Kontraktwechsel als „rollen“ bezeichnet.

Aus der Sicht eines Long-Investors, der einen Future gekauft hat, ist die Rollrendite positiv, wenn sich die Terminkurve in Backwardation befindet.

Fiktives Beispiel: Wenn der Future für Rohöl der meistgehandelten Sorte WTI für den Monat Mai 2018 exakt 70 US-Dollar kosten und der Spotmarktpreis im April 80 US-Dollar beträgt, beläuft sich die Rollrendite auf 10 US-Dollar (Kauf für 70, Verkauf für 80 US-Dollar).

Würde der Future 90 US-Dollar kosten, die Terminkurve also ansteigen (Contango), wäre es umgekehrt – ein Long-Investor hätte einen Verlust von 10 US-Dollar (Kauf für 90, Verkauf für 80 US-Dollar).

Da die Rollgewinne in der Vergangenheit einen beträchtlichen Teil zur Gesamtrendite von Rohstofffutures beitrugen, war es entscheidend, Long-Positionen möglichst nur in Backwardation-Märkten zu halten.

Doch wer nun glaubt, man müsse nur einen Blick auf die Terminkurve eines Rohstoffes werfen und sich entsprechend positionieren, um eine postive Rendite einzufahren, irrt. So einfache Beispiele wie oben, mit denen Anlegern in Bankprospekten und anderen Publikationen, Rollrenditen vorgerechnet werden, berücksichtigen nämlich meistens nicht, dass der Spotmarktpreis schwankt.

Eine positive Rollrendite kann nur erwirtschaftet werden, wenn der Spotmarktpreis kurz vor Fälligkeit des Terminkontraktes über dessen Kaufpreis liegt, wenn also letztlich, wie bei jedem anderen Geschäft auch, billiger eingekauft als verkauft wurde.

Um das Rechenbeispiel von oben für den Backwardation-Markt noch einmal zu bemühen: Würde der Spotmarktpreis bis zur Fälligkeit des Mai-Kontraktes – wie vom Markt erwartet – auf 70 US-Dollar sinken, wäre die bei Eröffnung der Position gemessene Rollrendite zwar nach wie vor 10 US-Dollar. Ebenso hoch wäre aber auch der Verlust am Spotmarkt. Damit saldiert sich die sogenannte Überschussrendite oder Risikoprämie des Futures (das ist der Gewinn über dem risikolosen Zins) also auf null.

Die Überschussrendite ergibt sich aus Roll- plus Spotrendite, wenn man Spesen einmal ausklammert. Die Summe dieser beiden Komponenten ist aber nichts anderes als die Preisänderung des Futures, in dem ein Anleger investiert war.

Ein anderes Phänomen, das Anleger immer wieder unangenehm überrascht: Trotz steigender Rohstoffpreise am Spotmarkt werden mit einem Long-Produkt in Contango-Märkten (steigende Terminkurve) häufig Verluste beim Kontraktwechsel eingefahren. Ein letztes Mal das Rechenbeispiel von oben: Bei einem Spotmarktpreis von 100 und einem Futurepreis von 110 US-Dollar, muss der Spotmarktpreis erst einmal um 10 US-Dollar steigen, bevor beim Rollen ein Gewinn erwirtschaftet werden kann. Doch statistisch bleibt der Spotpreis in der überwiegenden Zahl der Fälle hinter dem Futurepreis zurück. Die Folge sind Verluste.

Umgekehrt lassen sich in Backwardation-Märkten mit Long-Positionen trotz sinkender Spotpreise positive Renditen erwirtschaften – und zwar systematisch, wie verschiedene quantitative Untersuchungen nahelegen.

Eine Studie hat die Terminkurven von 23 der liquidesten Rohstofffutures zwischen 1986 bis Ende 2006 untersucht. Ergebnis: Im Jahresdurchschnitt betrug die Rollrendite in den Backwardation-Monaten 20,3 Prozent, was einem erwarteten Preisrückgang in gleicher Höhe am Kassamarkt entspricht. Tatsächlich brachen die Kurse dort um 16,5 Prozent  ein. Unter dem Strich blieb eine positive Terminkontraktrendite von 3,8 Prozent (ohne Zinsen).

In den Contango-Monaten prognostizierten die Terminkurven durchschnittliche Preissteigerungen von 15,9 Prozent pro Jahr (= negative Rollrendite bei Long-Positionen). Am Kassamarkt kletterten die Notierungen um 14,1 Prozent  nach oben – ein Verlust von 1,8 Prozent. Die Zahlen belegen, dass sich zumindest in der Vergangenheit bei richtiger Marktpositionierung dauerhaft positive Rollrenditen erwirtschaften ließen und unterstreichen vor allem die Prognosekraft der Terminkurven.

Am meisten verdienen Anleger aber, wenn die Terminmärkte daneben liegen. Wenn beispielsweise die Terminkurve sinkende Spotpreise signalisiert (= positive Rollrendite), die Spotpreise  aber entgegen den Erwartungen steigen. Dann sind beide Renditekomponenten positiv, die Gewinne üppig (siehe oben).

Warum lassen sich systematisch postive Rollrenditen mit Rohstoffen erzielen?

Die Frage, warum die Terminmärkte die Spotpreisentwicklung systematisch unter- bzw. überschätzen, so dass am Ende eine positive Rollrendite bleibt, lässt sich nicht eindeutig beantwortet. Es gibt verschiedene Theorien, doch keine lässt sich für alle Rohstoffmärkte erhärten. Ein Blick auf die realwirtschaftlichen Kräfte, die hinter den Transaktionen an den Futurebörsen stehen, liefert aber zumindest ökonomisch plausible Thesen. Rohstoffproduzenten und –verbraucher, so eine Überlegung, sichern sich gegen Preisschwankungen ab. Und eine Versicherung ist nicht umsonst zu haben. Die Futurerendite (bzw. ein  kleiner Teil der Rollrendite) lässt sich demnach als Prämie für das übernommene Preisrisiko interpretieren.

Ob gerade Produzenten oder Verbraucher bereit sind, eine Prämie zu zahlen, lässt sich an der Terminkurve ablesen. Notiert sie in Backwardation dominieren die Produzenten den Markt, die sich vor fallenden Preisen schützen wollen. Ausgangspunkt für eine solche Marktkonstellation ist eine gegenwärtige Knappheit eines Rohstoffes, beispielsweise infolge einer Sprunghaft gestiegenen Nachfrage.

Bei hohen Preisen ist es für die Produzenten attraktiv, dass Angebot auszuweiten. Auf der anderen Seite ist eben nicht sicher, ob sich Investitionen auch wirklich lohnen, denn die Preise könnten ja wieder fallen. Produzenten drängen deswegen auf die Terminmärkte, wo sie ihre künftig zusätzlich hergestellte Ware schon heute verkaufen. Das höhere Angebot an Terminkontrakten, hinter dem eine physische Ausweitung der Produktion steht, drückt die in der Zukunft liegenden Preise. Für die Preissicherheit sind die Produzenten bereit, ihre Rohstoffe unter dem Preis zu verkaufen, den sie möglicherweise selbst am Markt erwarten. So entsteht die Prämie, die der Käufer des Kontrakts für die Übernahme des Preisrisikos erhält.

Ist ein Spotmarkt dagegen von einem hohen Angebot geprägt, verlagern sich die Gewichte. Dann dominieren die Rohstoff-Verbraucher die Terminbörsen. Während für die Produzenten kein Anreiz besteht das Angebot auszuweiten, fürchten die Verbraucher künftige Knappheiten. Deswegen haben sie ein Interesse, die Preise langfristig auf einem niedrigen Niveau festzuzurren. Ihre Nachfrage nach Futures, mit denen sie sich zu günstigen Konditionen künftige Rohstofflieferungen sichern wollen, beherrscht den Markt und drückt die Terminkurse über das Spotmarktniveau – die Kurve notiert in Contango. Bei dieser Marktkonstellation kassiert der Verkäufer des Kontraktes die Prämie – zumindest in der Theorie. Denn eindeutige empirische Belege für diese sogenannte Hedgedruck-These gibt es nicht.

Kapitalanleger konnten in der Vergangenheit dauerhaft postive Renditen erwirtschaften, indem sie an den Terminmärkten systematisch Preisrisiken übernahmen und dafür die Prämie kassierten. In Contango-Märkten musste man dafür eine Short-Position halten (= Verkauf eines Kontraktes), in Backwardation-Märkten dagegen eine Long-Position (= Kauf eines Kontraktes).

Was haben Rohstoffe in der Vergangenheit abgeworfen?

Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Denn der Anlageerfolg hängt allein von der verfolgten Strategie ab. Dass etwa der Spotpreis für Öl in einem bestimmten Zeitraum um 100%  gestiegen ist, bedeutet eben nicht wie an den Aktienmärkten eine Verdoppelung des investierten Kapitals (siehe oben). Die Rendite eines Future-Investoren kann deutlicher höher, aber auch viel niedriger sein.

Es mag überraschen, aber Studien zeigen, dass die Überschussrendite eines einzelnen durchschnittlichen Future in der Vergangenheit null war. Risikoprämien warfen nur Portfolios ab, die aus mehreren Rohstoffkontrakten bestanden. Bei Rohstofffuture-Depots, deren Komponten regelmäßig auf die Startgewichte zurückgesetzt wurden, ließ sich zudem eine sogenannte Diversifikationsrendite nachweisen. Sie resultiert aus der geringeren Volatilität eines Portfolios im Vergleich zu den Einzelkomponenten und ist umso höher, je stärker die einzelnen Rohstoffe schwanken.

Unter dem Strich zeigen unterschiedliche Messungen eine positive Gesamtrendite für die viel beachteten Standardindizes, wobei die Zinsen einen hohen Anteil zum Ergebnis besteuerten. Allerdings hängt die Höhe des Gewinns vom jeweiligen Indexkonzept ab. Während der DB Liquid Commodity Index – Optimum Yield Balanced (DBLCI-OY Balanced) von 1999 bis Ende 2015 im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 7,5 Prozent pro Jahr erzielte, brachte es der S&P Goldman Sachs Commodity Index (GSCI) im selben Zeitraum lediglich auf 0,5 Prozent. Berücksichtigt man noch die Kosten für ein Anlageprodukt auf diesen Index, war die Rendite unter dem Strich negativ.

Welche Risiken bergen Rohstoffe?

Ein Totalverlust mit Long-Positionen an Terminmärkten für Rohstoffe ist zwar unwahrscheinlich. Dieser Fall kann nur dann eintreten, wenn beispielsweise die OPEC ihr Öl künftig verschenken, der Preis auf null fallen würde. Natürlich ist denkbar, dass neue Erfindungen den Einsatz bestimmter Rohstoffe zurückdrängen oder sogar überflüssig machen. Doch die Entwicklung solcher Technologien bis zur Marktreife dauert in der Regel Jahre.

Auch können aufgrund starker Preisschwankungen Verluste entstehen, obwohl ein Investor je nach Marktsituation immer „richtig“ positioniert war. Besonders wenn Rohstoffnotierungen stark gestiegen sind, steigt die Gefahr einer scharfen Korrektur, während der die Spotpreise in einem Backwardation-Markt weit unter den gezahlten Futurepreis fallen können. Dann macht ein Long-Investor Miese, obwohl er eigentlich alles richtig gemacht hat.

Umgekehrt können in euphorischen Bullenmärkten die Spotpreissteigerungen höher steigen als am Terminmarkt erwartet worden ist. Wer zuvor eine normalerweise aussichtsreiche Short-Position in einer solchen Contango-Situation eingegangen ist, verliert Geld. Die Beispiele zeigen, dass es manchmal keine Risikoprämien zu verdienen gibt. Dann stehen diejenigen auf der Gewinnerseite, die darauf setzten, dass die „Versicherungsgeber“ mit ihren Preiserwartungen daneben lagen.

Welche Schlüsse lassen sich aus dem „Commitment of Traders“ (COT) ziehen?

Der Handel mit Futures wird von Aufsichtsbehörden überwacht. In den USA ist dafür die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) zuständig. Ab einem bestimmten Volumen müssen ihr alle Handelsaktivitäten gemeldet werden. Einmal wöchentlich veröffentlich die CFTC auf Basis dieser Meldungen den sogenannten „Commitment-of-Traders-Report“.

Darin werden die Marktteilnehmer in drei Gruppen eingeteilt und deren jeweilige Positionierung beziffert. Es wird zwischen den Commercials, das sind die Produzenten und Verbraucher, und den Non-Commercials, das sind die großen Spekulanten, unterschieden. Die Position der sogenannten Small Traders, das sind Spekulanten, deren Handelsaktivitäten nicht meldepflichtig sind, wird dann mithilfe der Gesamtzahl der offenen Kontrakte errechnet.

Am Ausmaß der Netto-Positionen (Long- abzüglich Shortpositionen) der einzelnen Gruppen wollen manche Marktbeobachter ablesen können, wohin sich die Preise in einem Rohstoffmarkt in der Zukunft bewegen. Interessantenweise variiert die Ansicht darüber, ob man nun den Commercials, den Spekulanten oder gar den Small Tradern folgen sollte.

Es erscheint zwar naheliegend, den Commercials zu folgen, weil man ihnen die besten Marktkenntnisse unterstellen kann. Doch Untersuchungen hält diese These nicht stand. Dass aus den Netto-Positionen der Commercials (oder der anderen Marktteilnehmer) zuverlässige Prognosen für Verbrauchsgütermärkte abgeleitet werden können, ließ sich bisher nicht erhärten.

Verschiedene Analysen der COT-Daten und Renditen für eine Reihe von Getreidefuturemärkten haben aber gezeigt, dass die Commercials im Durchschnitt Verluste machen, während die Spekulanten Geld verdienen – ein Ergebnis, das die oben genannte Hedgedruck-Theorie stützt.

Das COT kann also nur als grobe Orientierung dienen. Sichere Prognosen lassen sich daraus nicht ableiten.

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© Fairvalue, aktualisiert am 25.07.2022

Fotografie: Alistair Hamilton / Flickr (CC BY 2.0)

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