Kapitalanlage

Honorarberatung – eine vernachlässigte Alternative

Honorarberatung wird noch selten genutzt

Eine relativ neue und bei Verbrauchern noch wenig bekannte Alternative zur Provisionsberatung ist die Honorarberatung. Die Kunden bezahlen den Honorarberater nach Aufwand, meistens auf Stundenbasis. Dafür bekommen sie eine Anlage- und Vorsorgeberatung, die unabhängig von Provisionen und Produkten ist.

Vermittelt ein Honorarberater Produkte, die vom Anbieter nicht ohne eingerechnete Provisionen erhältlich sind, muss dieses Geld vollständig an den Kunden fließen. So schreibt es das neue „Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente“ vor. Darin ist das Berufsbild des Honorarberaters gesetzlich verankert. Wer sich Honorarberater nennt, ist an dieses Gesetz gebunden.

Danach werden Honorarberater künftig in öffentliche Register eingetragen. Auf Provisionsbasis dürfen sie dann nicht mehr tätig werden. Bisher gab es Finanzberater, die sowohl Honorar- als auch Provisionsberatung anboten, abhängig davon, was für sie lukrativer war. Manche kassierten sogar doppelt. Sie ließen sich vom Kunden und von Produktanbietern bezahlen.

Versicherungen und Kredite sind ausgeklammert

Die neuen Regeln gelten nicht nur für selbstständige Berater, sondern auch für die Geldinstitute. Bieten sie sowohl Honorarberatung als auch Provisionsberatung an, müssen diese beiden Geschäftsbereiche „organisatorisch, funktional und personell“ strikt voneinander getrennt sein, heißt es in einer Pressemitteilung des für den Verbraucherschutz zuständigen Bundesministeriums. Dies solle sicherstellen, dass Honorarberatern in Banken keine Verkaufsvorgaben von ihren Vorgesetzten gemacht werden.

Doch die Trennung von Provisionsberatung und Honorarberatung, die dem Gesetzgeber laut Verbraucherschutzministerium so wichtig war, gilt nur für Geldanlageprodukte wie Fonds und Zertifikate. Das Versicherungs- und Kreditgeschäft wird von dem neuen Gesetz hingegen nicht erfasst. In der Praxis heißt das, dass ein ins Register eingetragener Honorarberater nur bei der Vermittlung von Geldanlageprodukten keine Provisionen kassieren darf. Vermittelt er aber Versicherungen, etwa eine Riester-Rentenversicherung, oder Kredite, darf er dafür weiterhin Abschlussprovisionen annehmen, bestätigt das Verbraucherschutzministerium.

Manchmal bleibt einem Honorarberater allerdings auch gar nichts anderes übrig: Viele Versicherungen bieten ausschließlich Tarife an, in die Vermittlungsprovisionen bereits eingerechnet sind. Wichtig für den Kunden ist, dass in einer Honorarberatung solche Zahlungen nicht verdeckt kassiert.

Inzwischen haben einige wenige Versicherungsgesellschaften aber auch sogenannte Honorartarife im Angebot, die keine Provisionen enthalten. Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) handelte nach eigenen Angaben mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften Honorartarife aus, mit denen alle Versicherungssparten abgedeckt werden könnten. Von seinen Mitgliedern verlangt der VDH deshalb, sich ausschließlich vom Kunden bezahlen zu lassen.

Kunden, die sich auf solche Selbstverpflichtungen aber nicht verlassen wollen, können in Versicherungsfragen statt eines Honorarberaters einen Versicherungsberater konsultieren. Ihnen ist es gesetzlich untersagt, Provisionen anzunehmen oder von einem Versicherungsunternehmen „in anderer Weise abhängig zu sein“. So steht es in der Gewerbeverordnung.

Keine geregelte Ausbildung der Berater

Das neue Honorarberatungsgesetz hat aber noch andere Schwächen. Kritiker bemängeln, dass es nur regelt, wie Finanzberater bezahlt werden. Qualitätsstandards in der Honorarberatung setze es dagegen nicht. Nach wie vor ist die Ausbildung für Finanzberater in Deutschland nicht einheitlich.

„Das eigentliche Problem, dass die Qualität der Finanzberatung in vielen Fällen mangelhaft ist, weil die Berater keine Ausbildung haben, bleibt weiterhin ungelöst“, kritisiert beispielsweise der Finanzanalytiker Volker Looman. Auch mit der Honorarberatung sei „keine fachliche Qualifikation erkennbar“.

Der VDH versucht, sich diesem Mangel mit eigenen Qualitätsstandards entgegenzustemmen. Von den ihm angeschlossenen Beratern verlangt das Unternehmen mindestens eine Finanzausbildung, etwa zum Finanzfachwirt oder Bankbetriebswirt. Darüber hinaus propagiert der VDH Zusatzqualifikationen wie den „Geprüften Honorarberater“. Anleger sollten immer auf die Qualifikation ihres Beraters achten. Denn ob eine Beratung gut oder schlecht ist, hängt in erster Linie von dessen Kompetenz und nicht unbedingt von der Art der Bezahlung ab.

Anleger tun sich mit Honorarberatung noch schwer

Obwohl eine objektive Finanzberatung, wenn überhaupt, nur auf Honorarbasis möglich ist, halten sich Anleger zurück. Sie sind es nicht gewöhnt, für Finanzberatung direkt Geld zu bezahlen. Der Stundensatz, der in der Honorarberatung verlangt wird, ist für manche auf den ersten Blick abschreckend hoch: Er beträgt zwischen 150 und 300 Euro.

Dennoch ist eine Honorarberatung, wenn es beispielsweise um die Altersvorsorge geht, unter dem Strich in vielen Fällen günstiger als eine Beratung auf Provisionsbasis. Denn hier besteht immer die Gefahr, dass vor allem Produkte empfohlen werden, die hohe Provisionen abwerfen. Und das kostet letztlich viel mehr.

Honorarberatung wird von Verbraucherzentralen, von selbstständigen Beratern, von Finanzdienstleistungsunternehmen und laut dem öffentlichen Register der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) lediglich von zwei Banken angeboten, der Quirin Bank und der deutschen Niederlassung der französischen Großbank BNP Paribas. Insgesamt sind bei der Bafin nur 19 Unternehmen gemeldet, die Honorarberatung anbieten. Die Berater solcher Firmen werden als „Honorar-Anlageberater“ bezeichnet.

Selbständige Honorarberater heißen laut Gesetz „Honorar-Finanzanlagenberater“. Von ihnen sind derzeit 150 bei den Industrie- und Handelskammern registriert (Stand: April 2017). Ihnen steht ein Heer von etwa 300.000 Bankberatern, 250.000 Versicherungsvermittlern und zahllosen selbstständigen Finanzmaklern gegenüber, die auf Provisionsbasis arbeiten.

So finden Sie einen Honorarberater oder Versicherungsberater

Ein zentrales Register, über das Sie einen Honorarberater in Ihrer Nähe finden können, existiert nicht. Anlegern bleibt die selbstständige Suche im Internet nicht erspart. Der VDH vermittelt nur Berater, die Mitglied dieser Organisation sind. Interessenten müssen dafür ihre Daten auf der Website hinterlassen – nicht jedermanns Sache. Eine Übersicht zu allen VDH-Beratern, in der Ratsuchende anonym recherchieren können, bietet der Verband nicht an. Die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale, die Honorarberatung im Programm haben, sind unter www.verbraucherzentrale.de aufgelistet. Einen Versicherungsberater in Ihrer Nähe können Sie im Internet unter www.bvvb.de heraussuchen.

Das sollten Sie beachten

  • Auftrag. Klären Sie mit dem Honorarberater Ihren Beratungsbedarf. Fordern Sie einen Kostenvoranschlag oder vereinbaren Sie einen Pauschalpreis.
  • Transparenz. Lassen Sie den Berater unterschreiben, dass er keine Vergütungen von Dritten nimmt und alle Provisionen offenlegt, die sich nicht vermeiden lassen. Viele Versicherer bieten zum Beispiel ausschließlich Provisionstarife an. Wenn Sie dort über Ihren Berater abschließen, erhält er eine Provision. Er darf das Geld aber nicht an Sie weiterreichen, weil das verboten ist.
  • Sicherheit. Fragen Sie Ihren Honorarberater, ob er eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung hat. Die zahlt, wenn er falsch beraten hat.

Der Autor


Markus Neumann ist Finanzjournalist, Herausgeber des Online-Anlegermagazins Fairvalue und Sachbuchautor. Zuletzt erschien von ihm „Das ETF-Portfolio – wie Sie ein fast unschlagbares Depot zusammenstellen und managen“. 2020 war er für den Deutschen Journalistenpreis in der Kategorie Vermögensverwaltung nominiert. Folgen Sie ihm auf Twitter.

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© Fairvalue, aktualisiert am 25.07.2022

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