Eigennutzung

Was ist besser: Eine Wohnung kaufen oder mieten?

Von Markus Neumann

Wohnung kaufen

Wer eine Wohnung kaufen, selbst nutzen und als Altersvorsorge einplanen will, sollte vor dem Erwerb genau kalkulieren, ob sich das wirklich lohnt. Unter Umständen ist es lukrativer in einer Mietwohnung zu wohnen und das Eigenkapital in einem global diversifizierten Wertpapierportfolio anzulegen.

Häuser und Wohnungen sind nicht selten eine Herzensangelegenheit. Menschen „verlieben“ sich in Immobilien, in denen sie ihre individuellen Vorstellungen vom Wohnen ausleben wollen. Wer aus solchen Gründen ein Objekt kauft und darin dauerhaft leben will, für den stehen Preis und Wirtschaftlichkeit in der Regel nicht an erster Stelle. Wichtiger sind die besonderen Merkmale, der Blick aufs Wasser oder über eine Stadt etwa, für die Käufer bereit sind, sehr hohe Preise zu bezahlen.

Anders sieht es aus, wenn eine selbstgenutzte Immobilie ein Baustein der Altersvorsorge sein soll. Dann muss mit spitzem Stift gerechnet werden. Denn eine Wohnung zu kaufen ist rein finanziell betrachtet nur eine Geldanlage unter vielen. Statt das Ersparte in eine eigene Immobilie zu stecken, könnte man weiter zur Miete wohnen und das Eigenkapital in einem gemischten, international diversifizierten Portfolio anlegen.

Der Vergleich: Eine Wohnung kaufen muss nicht lukrativer sein

Welche Variante langfristig zu einem größeren Vermögen führt, ist von mehr als einem Dutzend Faktoren abhängig: etwa vom Kaufpreis und der Miete für eine vergleichbare Wohnung, den Konditionen für den Kredit, der Höhe des Eigenkapitals und der Rendite für alternative Geldanlagen.

Außerdem ist entscheidend, wie sich Mieten und Wohnungspreise am Standort in der Zukunft entwickeln. Gerade darüber lassen sich nur unsichere Annahmen treffen. Doch wenn sie ihre Wohnung zu einem angemessenen Preis kaufen, haben Eigentümer gute Chancen, dass sie damit langfristig besser fahren als mit einer Mietwohnung.

Der Ertrag, den Selbstnutzer mit einer Immobilie erzielen, ergibt sich aus mehreren Komponenten:

  • Mietersparnis: Eigentümer zahlen keine Miete. Die Ersparnis fließt über den Schuldendienst in die eigene Immobilie – das Vermögen nimmt mit sinkender Restschuld stetig zu. In den vergangenen 15 Jahren sind die Mieten bundesweit durchschnittlich um knapp 1 Prozent pro Jahr gestiegen. In den alten Bundesländern haben sie sich in den zurückliegenden 30 Jahren sogar verdoppelt. Setzt sich der Trend steigender Mieten fort, profitieren Käufer bei der Mietersparnis von einem wachsenden Ertrag. Nimmt man einen Mietpreisanstieg von jährlich 1,5 Prozent an, klettert etwa eine ersparte Monatsmiete von anfänglich 800 Euro nach 25 Jahren auf 1161 Euro.
  • Wertsteigerung: Wer ein Objekt zu einem fairen Preis in guter Lage kauft, kann damit rechnen, dass der Wert der Immobilie langfristig zunimmt. 1 Prozent pro Jahr ist eine realistische Annahme.
  • Steuervorteil: Die eigenen vier Wände bieten einen oft unterschätzen Vorzug: Die Mietersparnis und eine mögliche Wertsteigerung sind steuerfrei. Zinsen, Dividenden und Kursgewinne aus alternativen Geldanlagen müssen dagegen versteuert werden, wenn der Sparerpauschbetrag ausgeschöpft ist. Um mit einer steuerfreien Mietersparnis in Höhe von 4 Prozent des Immobilienwertes gleichzuziehen, muss eine alternative Anlage einen stolzen Vorsteuerertrag von 5,41 Prozent erwirtschaften – wenn der Abgeltungsteuersatz wie derzeit 26,375 Prozent inklusive Solidaritätszuschlag beträgt.
  • Fördermittel: Der Staat fördert den Bau, den Kauf und die Modernisierung von Eigenheimen mit Zulagen, günstigen Krediten und Zuschüssen. Die Förderung fällt je nach Projekt und persönlichen Verhältnissen sehr unterschiedlich aus. Sie kann sich aber auf mehrere zehntausend Euro summieren. Vor allem die neue Wohn-Riester-Förderung macht die Finanzierung um viele tausend Euro billiger.

Zuschüsse und günstige Kredite vom Staat

Bauherren und Wohnungskäufer können häufig mehrere Förderquellen anzapfen. Die Zuschüsse und Darlehen machen den Bau oder Kauf der eigenen vier Wände mitunter überhaupt erst möglich.

  • Wohn-Riester: Käufer und Bauherren von selbstgenutztem Wohneigentum, die ein spezielles Riester-Darlehen abschließen, bekommen für die Tilgung die gleichen Zulagen und Steuervorteile wie für einen Riester-Sparvertrag. Zwar müssen sie die geförderten Beträge im Alter versteuern, doch die Förderung ermöglicht eine schnellere Tilgung des Darlehens und damit eine hohe Zinsersparnis. Riester-Darlehen lohnen sich deshalb noch mehr als andere Riester-Verträge.
  • KfW-Kredite: Günstige Darlehen und Zuschüsse für die Finanzierung von Eigenheimen und Modernisierungen vergibt die staatliche KfW-Bank. Besonders günstig sind die Konditionen für eine energiesparende Sanierung von Altbauten und für den Bau energieeffizienter Häuser. Die Kredite müssen Sie bei Ihrer Hausbank beantragen. Detaillierte Informationen zu den KfW-Programmen gibt es hier.
  • Länderförderung: Viele Bundesländer unterstützen zukünftige Wohneigentümer mit Zuschüssen oder zinsvergünstigten Darlehen. Allerdings ist der Kreis der Förderberechtigten oft eingeschränkt. Zielgruppen sind meist Familien mit Kindern. Häufig gelten Einkommensgrenzen. Die Förderprogramme der Bundesländer, Kontaktadressen und einen Förderrechner finden Sie hier.
  • Kommunen: Städte und kleinere Gemeinden locken Bauwillige oft mit günstigen Baugrundstücken oder Baukostenzuschüssen. Informationen gibt die Gemeindeverwaltung.
  • Erneuerbare Energien: Hausbesitzer, die sich für eine Solaranlage, einen Holzpelletkessel oder eine Wärmepumpe entscheiden, bekommen Zuschüsse vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Möglich sind Zuschüsse in Höhe von 5.000 Euro und mehr. Weitere Informationen.

Ein langer Atem zahlt sich aus

Bis sich die Entscheidung, eine Wohnung zu kaufen bezahlt macht, kann allerdings einige Zeit ins Land gehen. Denn anfangs verschlingen die eigenen vier Wände viel Geld. Die hohen Nebenkosten für Grunderwerbsteuer, Notar, Grundbuchamt und Makler schlagen zu Buche. Und die monatliche Belastung aus Kreditraten und Bewirtschaftungskosten ist zunächst oft ein gutes Stück höher als die Miete für eine vergleichbare Wohnung. Hinzu kommen Kosten für die Instandhaltung, rund 6 bis 12 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, abhängig vom Zustand des Objektes.

Beim Kauf einer Eigentumswohnung kommen noch 200 bis 270 Euro jährlich für die Hausverwaltung hinzu. Außerdem entgehen dem Eigentümer Zinsen und mögliche Kursgewinne, weil er sein Eigenkapital in die Immobilie steckt und nicht mehr anlegen kann. Mit der Zeit wendet sich in vielen Fällen jedoch das Blatt zugunsten des Immobilieneigentümers. Wie ein solcher Vergleich „Wohnung kaufen oder mieten“ im Detail aussehen kann, zeigt das folgende Beispiel.

Eine Rechnung mit Tücken

Die Mietersparnis und die Wertentwicklung beeinflussen die Vergleichsrechnung am stärksten – zwei Faktoren, die sich langfristig kaum prognostizieren lassen. Was eine Wohnung in 20 Jahren wert und wie hoch dann die Miete ist, steht in den Sternen. Entsprechend unsicher ist die Kalkulation.

Auch die grundsätzlichen Annahmen zur Mietersparnis können die Rechnung verzerren. Für einen ökonomisch korrekten Vergleich wird bei einem Kaufobjekt die aktuelle Marktmiete für eine vergleichbare Wohnung als Ersparnis angesetzt. Wer aber schon lange in einer Großstadt in derselben Wohnung zur Miete wohnt, wird in der Regel deutlich weniger bezahlen als bei neuen Vertragsabschlüssen verlangt wird. Das liegt daran, dass die sogenannten Mietspiegel und zusätzliche gesetzliche Regelungen Preiserhöhungen für Bestandsmieter bremsen. Bei Neuabschlüssen wird aber trotz Mietpreisbremse weiterhin das verlangt, was der Markt hergibt.

In Ballungsräumen mit einer hohen Nachfrage nach Wohnraum klafft deshalb bisweilen eine gewaltige Lücke zwischen Mietspiegel- und Marktmiete. Wenn Sie in der Stadt, in der Sie leben, eine Wohnung kaufen wollen, sollten Sie in solchen Fällen mit Ihrer tatsächlich gezahlten Miete rechnen, falls das Kaufobjekt bei Lage, Größe und Ausstattung vergleichbar ist. Sie sollten dann aber mit einer höheren Mietsteigerungsrate kalkulieren, weil die aktuellen Marktmieten in den künftigen Mietspiegel einfließen und ihn langfristig nach oben ziehen. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich ein Immobilienerwerb bei einer niedrigen Bestandsmiete nicht lohnt, da sich die Kaufpreise an den aktuellen Marktmieten orientieren.

Wohnung kaufen oder mieten im Vergleich

Für viele ist ein Eigenheim ein lang gehegter Traum. Aber lohnt sich der Kauf einer selbstgenutzten Wohnung auch finanziell? Ein Vermögensvergleich zwischen Käufern von Wohneigentum und Mietern zeigt, ab wann der Käufer gegenüber dem Mieter im Vorteil ist. In der Rechnung unten entspricht das Vermögen des Käufers dem Wert der Immobilie abzüglich der Restschuld aus dem Kredit. Der Mieter erzielt sein Vermögen aus der Geldanlage auf dem Kapitalmarkt.

Folgende Annahmen haben wir in unserem Beispiel für den Kauf einer Eigentumswohnung getroffen:

  • Größe: 100 Quadratmeter
  • Preis: 200.000 Euro
  • Nebenkosten: 20.000 Euro (für Notar, Grunderwerbsteuer und mehr)
  • Wertsteigerung: 1 Prozent pro Jahr
  • Mietersparnis: 7.500 Euro jährlich (750 Euro Vergleichsmiete im Monat, mal 12, abzüglich 1.500 Euro Instandhaltungs- und Verwaltungskosten pro Jahr), Miete und Kosten steigen jährlich um 1 Prozent.
  • Eigenkapital: 60.000 Euro
  • Finanzierung: Darlehen über 140.000 Euro, Zinssatz 4 Prozent für die gesamte Laufzeit, Tilgung 2 Prozent
  • Geldanlage zum Vergleich: Anlage des Eigenkapitals von 60.000 Euro und der Differenz zur Belastung des Käufers zu 3 Prozent vor Steuern

Ergebnis: Nach zehn Jahren steht der Käufer besser da als der Mieter, nach 20 Jahren ist sein Vermögen bereits um 40.000 Euro größer (siehe Tabelle).

wdt_IDJahrErsparte MieteKredit-rateMehrbe-lastung*Wert ImmobilieRest-schuldVer-mögen KäuferVer-mögen MieterVorteil/ Nachteil Käufer
10200 000160 00040 00060 000− 20 000
257 8059 6001 795210 202142 66867 53479 364−11 830
3108 2039 6001 397220 924121 58099 34498 966378
4158 6219 600979232 19495 925136 269118 73017 539
5209 0619 600539244 03864 710179 328138 56740 761
6259 5239 60077256 48626 733229 753158 36871 385
73010 0090−10 009269 5700269 570158 703110 867

Quelle: Stiftung Warentest.

Bitte beachten Sie: Das Ergebnis hängt von den getroffenen Annahmen ab. Ohne Wertsteigerung wäre der Eigentümer erst nach 22 Jahren im Vorteil. Und wenn dann noch die Vergleichsmiete statt 750 nur 650 Euro im Monat beträgt, würde sich der Kauf der Wohnung gar nicht mehr rechnen.

Mit dem Eigenheimrechner der Stiftung Warentest können Sie selbst berechnen unter welchen Voraussetzungen sich der Bau oder Kauf der eigenen vier Wände für Sie finanziell lohnt.

Vorsicht bei Marktmieten weit über dem Mietspiegel

Anders sieht die Rechnung aus, wenn Sie von einer Marktmiete ausgehen, die weit über dem Mietspiegel liegt. Dann darf man in den ersten Jahren nicht mit Mietsteigerungen und damit mit einer wachsenden Ersparnis rechnen. Denn Mieterhöhungen sind erst möglich, wenn der Mietspiegel auf dem entsprechenden Niveau angekommen ist – und das kann viele Jahre dauern. Tendenziell ist der Erwerb von Wohneigentum aber umso attraktiver, je höher die Marktmiete für ein solches Objekt wäre.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Finanzierung. Je mehr Eigenkapital der Käufer einsetzt und je schneller er seinen Kredit zurückzahlt, desto eher lohnt sich das Eigenheim. Von dem derzeit niedrigen Zinsniveau profitieren künftige Eigentümer gleich dreifach:

  1. Durch den billigen Kredit sinkt der anfängliche Nachteil gegenüber dem Mieter.
  2. Mit einer Zinsbindung von 15 oder 20 Jahren können sie sich die niedrigen Zinsen langfristig sichern
  3. und ihr Kreditrisiko minimieren.

Auch die Höhe der angenommenen Rendite für eine alternative Geldanlage spielt eine erhebliche Rolle bei der Vergleichsrechnung. Schon 1 Prozent mehr oder weniger pro Jahr kann den Ausschlag geben, ob sich lohnt, eine Wohnung zu kaufen. Da Immobilien risikoreicher als festverzinsliche sichere Anlagen sind, ist auch denkbar, bei der alternativen Anlage von der Rendite eines gemischten Portfolios auszugehen, das einen angemessenen Aktienanteil enthält. Die Rendite dürfte dann höher ausfallen und ein Immobilienkauf weniger vorteilhaft erscheinen.

Günstige Zinsen nutzen

Nichtsdestotrotz: Für Bauherren und Selbstnutzer ist nach wie vor ein guter Zeitpunkt zu investieren – vorausgesetzt sie finden eine preiswerte Immobilie, bringen einen soliden Grundstock an Eigenkapital mit und können sich die im Vergleich zur Mietwohnung oft höhere Anfangsbelastung leisten.

Der Autor


Markus Neumann ist Finanzjournalist, Gründer des Online-Anlegermagazins Fairvalue und Sachbuchautor. Zuletzt erschien von ihm „Das ETF-Portfolio – wie Sie ein fast unschlagbares Depot zusammenstellen und managen“. 2020 war er für den Deutschen Journalistenpreis in der Kategorie Vermögensverwaltung nominiert. Folgen Sie ihm auf Twitter.

© Fairvalue, aktualisiert am 25.07.2022

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