Was ein Klumpenrisiko darstellt, ist nicht eindeutig definiert. Allgemein wird darunter die übermäßige Anhäufung eines Risikos verstanden, allerdings ohne Grenzen zu quantifizieren. Wie groß muss beispielsweise der Anteil eines einzelnen Landes in einem internationalen Aktienindex sein, damit man von einem Klumpenrisiko sprechen kann? Das ist völlig unklar und wird von den Experten-Darstellern, die in den Medien auftreten, nach Gutdünken und persönlicher Interessenslage entschieden.
Wie der Gesetzgber ein Klumpenrisiko definiert
Der Gesetzgeber hat immerhin für Einzelaktien Grenzen gesetzt, allerdings ohne sie zu begründen. Laut dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das in Deutschland den Anlegerschutz regelt, müssen deutsche Aktienfonds nach dem „Grundsatz der Risikomischung“ investieren. Sie dürfen höchstens 5 Prozent ihres Kapitals in den Aktien eines einzelnen Unternehmens konzentrieren. Diese Grenze kann auf bis zu 10 Prozent angehoben werden, wenn der Gesamtwert solcher Aktien nicht größer als 40 Prozent ist. Mit anderen Worten: Ein deutscher Aktienfonds darf bis zu 40 Prozent seines Kapitals auf die Aktien von vier Unternehmen verteilen (§ 206, KAGB).
ETFs dürfen bis zu 35 Prozent ihres Kapitals in ein einzelnes Unternehmen investieren
Für ETFs und klassische Indexfonds gilt der Grundsatz der Risikomischung nur mit Einschränkung. Darauf müssen die Emittenten im Verkaufsprospekt hinweisen. ETFs, die einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) anerkannten Wertpapierindex nachbilden, dürfen bis zu 20 Prozent ihres Anlagekapitals in die Aktien einzelner Unternehmen investieren. Bei einem einzigen Konzern sind sogar bis zu 35 Prozent des Anlegerkapitals erlaubt.
Diese Regeln gelten auch für ETFs auf den MSCI World, die wegen ihrer vermeintlich übermäßigen Konzentration von US-Konzernen in die Kritik geraten sind. Das Gewicht der größten Unternehmen, die der Index enthält, ist sehr weit von den Grenzen des KAGB entfernt. Microsoft, der Konzern mit dem höchsten Gewicht, kommt auf 4,6 Prozent (Stand: März 2024).
Kein Klumpenrisiko im MSCI World
Bezogen auf einzelnen Unternehmen lässt sich beim MSCI World demnach kaum von Klumpenrisiken sprechen. Auch im historischen Vergleich ist das Gewicht der fünf größten US-Unternehmen im MSCI World nicht außergewöhnlich hoch. In den 1960er-Jahren waren AT&T, IBM, General Motors, Exxon Mobil und Texaco, die damaligen Top 5, ähnlich dominant wie heute Microsoft, Apple, Nvidia, Amazon und Meta. Das zeigen Berechnungen des Ökonomen Thomas Philippon und Analysen der Finanzmarkthistoriker Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton.
Auch der hohe Anteil der USA im MSCI World, der von 47 Prozent im Oktober 2007 auf gut 70 Prozent anstieg (Stand: März 2024), ist aus historischer Sicht nicht ungewöhnlich. Dimson, Marsh und Staunton zufolge dominierte die USA auch in den 1950er- und 1960er-Jahren den Weltaktienmarkt. Das Gewicht von US-Aktien lag damals zeitweise über 70 Prozent.
Zu messbaren Verwerfungen führte das nicht. Als Anfang 1973 die erste Ölkrise ausbrach und an den internationalen Börsen einen Crash auslöste, verloren europäische Aktien in lokalen Währungen gerechnet 40 Prozent an Wert. Einen Verlust in derselben Höhe verbuchten auch US-Aktien (in lokaler Währung), obwohl amerikanische Öl- und Autokonzerne den Weltaktienmarkt dominierten.
Berechnungen von Fairvalue zeigen, dass eine ausgewogenere Zusammensetzung des MSCI World in der Vergangenheit weder die Volatilität noch die maximalen Wertverluste des Index gesenkt hätte. Alle Fakten und Berechnungen, die zeigen, dass die Kritik am MSCI World unbegründet ist, finden Sie hier.