Manche der skizzierten Preisentwicklungen mögen in der Tendenz stimmen. Doch nicht selten ist das Zahlenwerk wenig belastbar – und weckt falsche Erwartungen. Kern des Problems ist die schwierige Messung der Immobilienpreise. Genau genommen weiß niemand, wie sich die Preise tatsächlich entwickeln. Denn Häuser und Wohnungen sind keine homogenen Güter, die wie Aktien an Börsen gehandelt werden können. Der Markt ist intransparent, jede Immobilie (und auch ihr Preis) individuell.
Die Gutachterausschüsse, denen alle Immobilienverkäufe gemeldet werden, die mit einer Grundbuchänderung verbunden sind, erfassen lediglich die Anzahl der Transaktionen, den Umsatz und die Summe der gehandelten Flächen.
Daraus lassen sich zwar Durchschnittspreise errechnen. Doch die sagen nichts über die tatsächlichen Immobilienpreise aus, weil die Qualität der Objekte (Standort, Bauzustand, Ausstattung etc.) unberücksichtigt bleibt. Wenn also in einem Jahr besonders viele teure Immobilien gehandelt werden, zieht das die Durchschnittspreise nach oben, ohne das sie in Wirklichkeit gestiegen sein müssen.
Ein weiteres Manko: Die Zahlen der Gutachterausschüsse, die nur einmal im Jahr zusammengefasst werden, sind bei ihrer Veröffentlichung schon lange überholt. Die Folge: Steigen die Immobilienpreise, unterschätzen die Daten den Markt, und bei Abschwüngen überzeichnen sie ihn. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl von Immobilientransaktionen nicht meldepflichtig ist. Bei sogenannten Share-deals werden lediglich Anteile von sogenannten Zweckgesellschaften übertragen, die die Immobilien halten. Diese Verkäufe, die zu keinen Grundbuchänderungen führen, laufen an der amtlichen Statistik vorbei. .
Neben den bekannt geworden Transaktionen nutzen Preisindexanbieter Angebotspreise aus Immobilienanzeigen. Auch diese Quellen haben den Nachteil, dass sie nicht die Qualität der Immobilien spiegeln. Zudem bleiben die tatsächlich gezahlten Preise im Dunkeln. Mit statistischen Verfahren versuchen Mathematiker diese Unzulänglichkeiten aus den Rohdaten herauszurechnen. Die Ergebnisse, die in Indizes zusammengefasst werden, sind Näherungswerte, die auch als solche interpretiert werden sollten.
Aufpassen müssen Investoren auch, ob ein Index überhaupt für sie relevante Informationen abbildet. Der Immobilienmarkt teilt sich in verschiedene Segmente (beispielsweise Büro, Handel, Industrie, Wohnen), die sich zum Teil unabhängig voneinander entwickeln. Diese Teilmärkte wiederum gliedern sich in Untermärkte, die ebenfalls von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden.
Beispiel Wohnen: Hier muss zwischen Neubau und Bestand und zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und Eigentumswohnungen (selbst genutzt und als Renditeobjekt) unterschieden werden. Für fast alle Segmente gibt es Einzelindizes, die häufig zu Gesamtindizes zusammengefasst werden. Dabei gehen die einzelnen Anbieter unterschiedlich vor.
Das gilt auch für die Aufbereitung von Daten. Obwohl die meisten Researchhäuser dieselben Quellen nutzen, gelangen sie zum Teil zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. So berechnete beispielsweise empirica für das dritte und vierte Quartal 2011 einen weiteren Anstieg der Mieten in Deutschland. Das Hamburger Analysehaus F+B Forschung und Beratung machte dagegen auf Basis derselben Daten fallende Preise aus.
Solche erstaunlichen Diskrepanzen verdeutlichen, dass bei Immobilienmarkt-Untersuchungen immer eine gesunde Skepsis angebracht ist. Investoren sollten sich deswegen immer auf mehrere Quellen stützen, wenn sie die Immobilienpreise unter die Lupe nehmen.
Die wenigstens Preisbarometer enthalten allerdings für Zinshausinvestoren aussagekräftige Daten. Für sie sind die Mietpreisentwicklung und die Vergleichswerte für Mehrfamilienhäuser entscheidend. Letztere werden von F+B Forschung und Beratung berechnet. Die anderen Indexanbieter konzentrieren sich in der Regel auf (selbstgenutzte) Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen.