4-Prozent-Regel

auch Bengen-Regel oder Safemax-Rate genannt

Die 4-Prozent-Regel ist eine Faustregel, die häufig bei der Finanzplanung für den Ruhestand verwendet wird. Sie soll helfen, die Höhe der jährlichen Entnahmen aus einem Ruhestandsportfolio zu bestimmen. Dabei soll das Vermögen für regelmäßige Auszahlungen über 30 Jahre reichen.

Die Methode zielt darauf ab, ein konstantes, inflationsbereinigtes Einkommen über die Jahre zu gewährleisten. Zugleich soll das Risiko minimiert werden, dass das Vermögen vorzeitig verzehrt wird.

Nach der 4-Prozent-Regel kann ein Rentner jährlich 4 Prozent seines Anfangskapitals aus dem Portfolios entnehmen. In den folgenden Jahren passt er die Entnahmebeträge an die Inflation an, um den Kaufkraftverlust auszugleichen. Hat das Portfolio zu Beginn des Ruhestands ein Volumen von einer Million Euro, können nach dieser Regel im ersten Jahr 40.000 Euro entnommen werden. Wenn die Inflation im ersten Jahr 2 Prozent betrug, würde die Entnahme im zweiten Jahr auf 40.800 Euro angepasst.

William Bengen etablierte die 4-Prozent-Regel

Die 4-Prozent-Regel basiert auf Forschungen aus den 1990er-Jahren, insbesondere auf der Arbeit von William Bengen. Bengen ist ein amerikanischer Finanzberater, der seine einflussreiche Studie erstmals im Jahr 1994 in einem Artikel für das „Journal of Financial Planning“ veröffentlichte. Seine Forschung basierte auf historischen Daten zu Aktien- und Anleihenrenditen in den USA. Sie zielte darauf ab, eine nachhaltige Entnahmerate für Ruhestandsportfolios über einen Zeitraum von 30 Jahren zu bestimmen, ohne das Risiko eines Kapitalverzehrs einzugehen. Die 4-Prozent-Regel wird auch Bengen-Regel (Bengen rule) genannt. Der Finanzberater selbst taufte die Daumenregel Safemax-Rate.

Bengens Forschung hat in der Finanzwelt viel Beachtung gefunden. Sie gilt als wichtiger Beitrag zur Ruhestandsplanung. Anleger sollten jedoch beachten, dass die 4-Prozent-Regel auf historischen Daten von Aktien- und Anleihenmärkten basiert, die sich nicht unbedingt in die Zukunft fortschreiben lassen. Deswegen ist die Bengen-Regel nicht mehr als eine Daumenregel.

Künftige Gültigkeit der Bengen-Regel ungewiss

Sie berücksichtigt keine individuellen Lebensumstände oder die Tatsache, dass zukünftige Marktbedingungen von den historischen abweichen. Zudem diskutieren Fachleute, ob die 4-Prozent-Regel in einem Umfeld niedriger Zinsen und möglicherweise niedrigerer zukünftiger Aktienrenditen noch angemessen ist. Finanzexperten empfehlen oft eine flexible Herangehensweise an Entnahmepläne im Ruhestand. Sie sollten regelmäßig überprüft und angepasst werden, um auf Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen, den Marktbedingungen und den Inflationsraten zu reagieren.

Trinity-Studie stützt 4-Prozent-Regel

1998 führten Forscher der amerikanischen Trinity-Universität die Untersuchung von Bengen weiter. In der sogenannten Trinity-Studie („Retirement Savings: Choosing a Withdrawal Rate That Is Sustainable“) bestätigten sie weitgehend Bengens Erkenntnisse und erweiterte sie, indem sie verschiedene Kombinationen von Aktien und Anleihen in den Portfolios untersuchte und sich auch mit längeren Ruhestandszeiträumen befassten. Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass eine anfängliche 4-Prozent-Entnahmerate, jährlich angepasst um die Inflation, in den meisten Fällen über einen Zeitraum von 30 Jahren nachhaltig wäre, insbesondere bei Portfolios mit einem hohen Anteil an Aktien.

Hoher Aktienanteil senkt Pleiterisiko

Einer der Hauptbeiträge der Trinity-Studie zur Finanzplanung war die Hervorhebung der Bedeutung der Portfoliozusammensetzung für die Nachhaltigkeit der Entnahmeraten. Die Studie zeigte, dass Portfolios mit einem höheren Anteil an Aktien tendenziell eine höhere Wahrscheinlichkeit hatten bis zum Ende des geplanten Zeitraumes zu überleben. Das wiederum war auf die höheren erwarteten Renditen von Aktien im Vergleich zu Anleihen zurückzuführen.

Die Ergebnisse der Trinity-Studie haben die 4-Prozent-Regel in den Augen vieler Finanzplaner und Anleger legitimiert und verstärkt. Sie trug dazu bei, die Regel als nützliche allgemeine Daumenregel für die Ruhestandsplanung zu etablieren.

Allerdings betonen sowohl die Trinity-Studie als auch spätere Untersuchungen, dass individuelle Umstände, Marktbedingungen und Flexibilität bei der Anpassung der Entnahmeraten wesentliche Faktoren sind, die berücksichtigt werden sollten.

Eine Reihe weiterer Auszahlungsstrategien beleuchtet der Ratgeber „Entnahmeplan mit ETF – Strategien für den Ruhestand“. Er bietet konkrete Rechenbeispiele und Handlungsempfehlungen.

 

© Fairvalue 14.02.2024

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