Eines der wenigen sinnvollen Verfahren, sich der Zukunft der Finanzmärkten zu nähern, besteht darin, deren unsichere Entwicklung abzubilden. Das ist mit Hilfe von sogenannten Monte-Carlo-Simulationen möglich. Dabei handelt es sich um eine Methode aus der Wahrscheinlichkeitstheorie, die auf einer großen Anzahl gleicher Zufallsexperimente fußt.
Einfache Zufallsexperimente sind etwa der Wurf einer Münze oder der eines Würfels. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Münzwurf der Kopf oben liegt, beträgt 50 Prozent. Dennoch kann bei mehreren Münzwürfen hintereinander immer wieder die Seite mit der Zahl oben erscheinen.
Monte-Carlo-Simulation: Das Gesetz der großen Zahlen
Führt man das Experiment aber mehrere hundert Mal aus, nähern sich die relativen Häufigkeiten, mit der Zahl und Kopf auftreten, ihrer theoretischen Wahrscheinlichkeit an. Dieses sogenannte Gesetz der großen Zahlen macht sich die Monte-Carlo-Simulation zunutze. Das Verfahren wurde in den 1940er-Jahren von den Mathematikern Stanislaw Ulam, Nicholas Metropolis und John von Neumann entwickelt. Heute wird es nach wie vor in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Physik eingesetzt.
Praktische Anwendung finden Monte-Carlo-Simulationen auch bei der Finanzplanung. Sie können beispielsweise die Frage beantworten, wie viel jemand sparen muss, um ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft bis zum Lebensende einen fixen Betrag aus einem Portfolio zu entnehmen, ohne dass das Geld ausgeht.
Mit Hilfe des Modells lassen sich auch Aussagen darüber treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Anleger künftig bestimmte Renditen erzielen werden und mit welchen Kurseinbrüchen sie rechnen müssen.
Historische Renditen versus statistische Verteilungen
Es gibt verschiedene Verfahren, um Monte-Carlo-Simulationen für ein Anlageportfolio durchzuführen. Man kann beispielsweise statistische Verteilungen zugrunde legen oder historische Renditen. Bei letzterer Variante wählt die Software, mit der solche Simulationen realisiert werden, Renditen nach dem Zufallsprinzip aus und errechnet daraus einen Kursverlauf für das Portfolio.
Dieses Zufallsexperiment, bei dem die jeweils gezogene Rendite quasi immer wieder zurück in die Urne geworfen wird, wiederholt die Software beispielsweise 10.000 Mal. Aus den Häufigkeiten, mit denen bestimmte Kursverläufe auftreten, leiten sich die Wahrscheinlichkeiten ab, mit denen Anleger diese Renditen künftig erzielen werden.
So wird eine Monte-Carlo-Simulation interpretiert
Die simulierten Kursverläufe ordnet die Software vom besten bis zum schlechtesten Fall und teilt dieses Ranking in gleich große Gruppen, sogenannte Perzentile, ein. Jedes Perzentil enthält 1 Prozent der simulierten Kursverläufe. An den Perzentilen lässt sich die Wahrscheinlichkeiten ablesen, mit denen bestimme Renditen und Vermögensverläufe erzielt werden.
Beispiel: Die nominale jährliche Durchschnittsrendite des 50. Perzentils beträgt 8,31 Prozent. Das bedeutet, dass die Rendite des Portfolios mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent über oder unter diesem Wert liegen wird.
Die Unsicherheit der Unsicherheit
Obwohl die Monte-Carlo-Simulation eines der besten Verfahren ist, das zur Finanzplanung zur Verfügung steht, ist es nicht frei von Unwägbarkeiten. Die Ergebnisse hängen stark davon ab, mit welchen Parametern der Simulator gefüttert und welche Berechnungsmethode angewandt wird.
Fairvalue führt Simulationen meist auf Basis der historischen Renditen durch. Die Ergebnisse erscheinen oft am realistischsten, obwohl sie letztlich die Vergangenheit imitieren. Denn das gewählte Zeitintervall hat spürbaren Einfluss auf die prognostizierten Renditen. Beispielsweise gab es in der Periode von 2001 bis 2017 vier Börsencrashs am Weltaktienmarkt mit Kurseinbrüchen zwischen mehr als 20 und mehr als 50 Prozent. Wählt man einen anderen Ausschnitt, etwa von 2005 bis 2017, und klammert damit einen der schweren Kursstürze aus, steigen die simulierten Renditen.
Monte-Carlo-Simulationen sind nicht zu verwechseln mit sogenannten Backtests. Simulationen bilden die Zukunft ab, Backtests zeigen, wie sich ein Portfolio oder eine Strategie in der Vergangenheit entwickelt hätte. Auf manchen Finanzportalen wird der Begriff Simulation fälschlich verwendet, wenn eigentlich Backtests gemeint sind.